Genau auf der Grenze zwischen Delmenhorst und Ganderkesee steht – oder besser liegt – seit knapp über einer Woche ein neues Hotel. Innerhalb eines Tages wurde ein Großteil der Anlage angelegt. Zum Angebot für die Gäste gehören mehrere Pools, naturnahe Räumlichkeiten und jede Menge leckere Speiseangebote.
Bei dem Hotel handelt es sich um ein Insektenhotel, beim „Baukörper“ um die am 25. Juli gefällte Stieleiche in der Friedensstraße (wir berichteten). Anwohner Tim Schmidt beobachtete die Fällung seit 6 Uhr morgens und sprach die Mitarbeiter der ausführenden Firma kurzerhand an, um den Hauptstamm des Baumes zu kaufen. Zum bezahlten Preis möchte er sich nicht äußern.
Außerschulischer Lernort
„Die historische Grenzeiche wäre sonst in der Biogasanlage gelandet“, betont Schmidt. Ursprünglich hatte er sich dafür stark gemacht, dass ein Teil des Baumes samt Wurzeln an der ursprünglichen Stelle (auf der gegenüberliegenden Straßenseite) erhalten bleibt und zumindest ein kleiner Teil der über 210 Jahre alten der historischen Grenzeiche als außerschulischer Lehrort genutzt wird.
Der untere Hauptstamm des Baumes – zirka 1,3 Tonnen schwer und mit einem Umfang von rund 270 Zentimetern – liegt nun in der Gemeinde Ganderkesee an der Grenze zu Delmenhorst. Das Insektenhotel ist für Fußgänger von der Friedensstraße 95 aus einsehbar. Der Grundstücksbesitzer bittet darum, dass Grundstück nicht zu betreten.
Erste Hotelgäste: Bienen
„Die ersten Wildbienen sind bereits eingezogen“, freut sich Schmidt. Der „Haupteingang“ ins Insektenhotels ist von der Straße aus nicht einsehbar, hierbei handelt es sich um den über einen Meter tiefen Fäulnisschaden des Baumes. Davon abgesehen, sieht der Stamm einwandfrei und gesund aus. Der hauptberufliche Lehrer, der in seiner Freizeit die Internetseite wasser-ist-ein-kostbares-gut.de betreibt und sich ehrenamtlich im Natur- und Umweltschutz engagiert, hat detaillierte Fotos auf seiner Homepage eingestellt.
Den „Hotelbetreiber“ wird das Hotel viele Jahre überleben. Rund 200 Jahre wird es dauern, bis die Eiche komplett verrottet ist. Einen Großteil des Baumes ließ Schmidt häckseln und verteilte das Häckselgut auf seinem eigenem und dem Grundstück seiner Mutter für ein langjähriges Projekt: „Unsere Grundstücke werden nach dem Prinzip Schwammstadt umgestaltet.“
Projekt Schwammstadt im eigenen Garten
Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) definiert die Schwamm- beziehungsweise wasserbewusste Stadt wie folgt: Grünflächen nehmen starke Niederschläge wie ein Schwamm auf und wirken bei Trockenheit und Hitze kühlend. Fassaden, Dächer und Straßen sollen begrünt werden. Zudem soll es unterirdische Auffangbehälter und Brunnen oder ähnliche Wasserangebote geben.
Der Anwohner an der Friedensstraße hofft, dass möglichst viele Privatpersonen, aber auch Firmen und Behörden, seinem Beispiel folgen, um Regenwasser besser zu speichern. Dafür hat er einen Teil der ehemals versiegelten Gartenwege entsiegelt, sprich die Gehwegplatten entfernt und die Flächen großzügig mit gehäckselten Eichenholzschnitzel bestreut.
Auch die Dachrinnen und Regenrohre wurden umgebaut und viele große Tonnen aufgestellt, um Wasser zu speichern. Über das Grundstück ziehen sich kleine Gräben und Schläuche zur Bewässerung. Bei der Bepflanzung achtet Schmidt darauf, was einerseits besser mit dem Klimawandel klarkommt und andererseits der Tierwelt als Nahrung und Unterschlupf dient.
Der Ganderkeseer würde sich wünschen, dass gefällte Straßenbäume nicht verbrannt werden, sondern zumindest Teile von ihnen am jeweiligen Standort erhalten bleiben und zu Insektenhotels umgewandelt werden.