Salafisten werben trotz Paris weiter in der Innenstadt

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Salafisten werden vom Verfassungsschutz
beobachtet. Foto: WR

Die Mitglieder der Gruppe „Siegel der Propheten“ verteilen in der Bremer Innenstadt regelmäßig den Koran. Auch am Tag nach dem Terror in Paris standen sie am Wall – was nicht wenige Passanten irritierte. Der Verfassungsschutz sagt, es handele sich bei der Gruppe um Salafisten, die Nachwuchs rekrutieren. Verbieten könne man sie nicht so einfach.

„Bei den Koranverteilern vom „Siegel der Propheten“ handelt es sich zu hundert Prozent um Salafisten“, sagt Hans-Joachim von Wachter, Präsident des Bremer Landesamtes für Verfassungsschutz. Die Gruppe hielte sich zum Teil im Islamischen Kulturzentrums auf und wolle mit seinen Ständen vor allem eines: Menschen für ihre Zwecke ködern.

Der Verfassungsschutz beobachte sie schon länger. „Wir stufen die Salafisten schon länger als sehr gefährlich an, zehn Prozent von ihnen schließen sich dem Islamischen Staat (IS) an“, sagt von Wachter. In Deutschland gebe es rund 8.000 Salafisten.

Mehrere Salafisten aus Bremen nach Syrien gereist

Die genaue Zahl der Bremer Salafisten können die Behörden nicht beziffern. Klar ist: Aus Bremen sind 22 Erwachsene, davon eine Frau, und 11 Kinder nach Syrien ausgereist. „Die kommen überwiegend aus dem inzwischen verbotenen Kultur- und Familienverein“, sagt Rose Gerdts-Schiffler, Sprecherin der Innenbehörde. Von diesen Ausgereisten sind 7 Erwachsene in die Hansestadt zurückggekehrt, die Frau und drei Kinder. „4 Männer sind vermutlich in Syrien getötet worden, die acht Kinder sind entweder noch dort oder ebenfalls tot“, sagt Gerdts-Schiffler.

Auf ihrem Facebook-Auftritt zeigt die Gruppe auch Fotos, wie sie am vergangenen Samstag an der Kreuzung Herdentorsteinweg-Am Wall gestanden haben. Das war am Tag nach den Anschlägen in Paris. Sie stehen hinter ihrem Stand mit Koran-Büchern und zeigen mit ausgestrecktem Zeigefinger in die Luft. Dieser könnte als Symbol für den IS interpretiert werden. „Der ausgestreckte Finger bedeutet nach muslimischem Glauben die Bezeugung, dass es nur einen Gott gibt – nicht etwa wie im Christentum die Dreieinigkeit“, sagt von Wachter. Auch die IS-Kämpfer hielten ihn in Videos in die Luft. „Aber die Zugehörigkeit zum IS kann man nicht alleine am Finger festmachen“, so der Verfassungsschutzpräsident.

„Salafisten bieten einfaches Weltbild und Zugehörigkeit“

„Die Salafisten betreiben mit ihren Ständen die so genannte „Dawah“, das ist religiöse Überzeugungsarbeit“, sagt von Wachter. Mit ihren Ständen wollten sie Menschen für den Salafismus „anfixen“. Das sei aber in Deutschland nicht verboten – es gäbe Meinungs- und Religionsfreiheit. „Nur wenn sie etwas Verbotenes machen, wie die IS-Flagge oder Symbole zeigen, oder zu Straftaten aufrufen, könnten wir sie verbieten“, sagt von Wachter. Bei den „Lies“-Ständen, den Vorgängern der „Siegel der Propheten“ hätte man noch derartige Handlungen nachweisen können. „Aber die wissen jetzt, wie sie sich zu verhalten haben.“

Besonders verlockend sei die Botschaft der Salafisten für junge Menschen, die in unserer Gesellschaft keinen festen Halt hätten. „Wer auf der Suche nach einem einfachen Weltbild und nach Zugehörigkeit ist, kann sich davon angesprochen fühlen“, sagt von Wachter.

Das Innenressort spricht von einer sehr ernsten Gefährdungslage in Bezug auf salafistische Aktivitäten. Diese sei bundesweit seit Monaten erhöht. „Wir beobachten die Szene seit dem Terrorwochenden im März sehr genau“, sagt Gerdts-Schiffler. Aber auch sie sagt, ein Verbot der Gruppe sei schwierig.

CDU: „Unbefriedigende Situation“

„Das ist eine absolut unbefriedigende Situation“, sagt Wilhelm Hinners, innenpolitischer Sprecher der CDU. Der Staat sei gefordert, bei dieser Gruppe genau hinzuschauen, was an den Ständen gemacht wird. „Wenn die das Recht auf Meinungsfreihit missbrauchen, muss man gegen sie vorgehen“, sagt Hinners.

Die Gruppe zu verbieten würde nach aktuellem Stand aber genau diese Freiheit einschränken. „Das spielt dann wieder dem IS in die Hände“, sagt Hinners. Das Islamischen Kulturzentrum war für eine Stellungnahme bislang nicht erreichbar.

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