„Ich frage mich, was diese Veranstaltung überhaupt soll. In Delmenhorst haben wir kein Flüchtlingsproblem. Hier funktioniert die Integration doch“, sagte eine Zuhörerin zum Ende der rund zweistündigen Veranstaltung in der Stadtkirche.
Das sahen einige der mehr als 100 Besucher, viele mit Migrationshintergrund, anders. Einige betonten, dass sie Angst hätten, abends auf die Straße zu gehen und deshalb in Ganderkesee eine Bürgerwehr gegründet hätten. Andere berichteten von angeblichen Straftaten am Delmenhorster Bahnhof durch „dunkelhäutige Personen“.
Auf die Frage, dass momentan angeblich größtenteils junge Männer aus Syrien einreisen, entgegnete Yadigar Polat vom Breiten Bündnis gegen Rechts, „das rund 30 Prozent der Flüchtlinge in Delmenhorst Kinder sind. Auch viele Familien sind dabei.“
In allen Bevölkerungsschichten gibt es Missbrauch
Die türkischstämmige Erzieherin gab zu bedenken, dass sie auch früher schon Missbrauchsopfern gegenüber gesessen habe. „In allen Ländern, in allen Bevölkerungsschichten gibt es Missbrauch. Gegen Kinder oder Frauen. Das ist kein Problem, dass erst duch die Flüchtlinge aufgetaucht ist“, sagte sie mit Hinweis auf die Silvesternacht in Köln.
„Wir müssen Ängste ausräumen“, fügte Dr. Christian Glaß (Breites Bündnis gegen Rechts) hinzu, um sogleich anzumerken, dass ihn das Bedrohungsszenario störe. „Die Menschen sollten nicht so viel Energie in Hassparolen investieren“.
Die Kriminalität ist durch die Flüchtlinge nicht übertrieben angestiegen
Ein Blick in die Kriminalstatistiken mache deutlich, dass die Kriminalität nicht übertrieben anstiegen sei. „Im Zusammenhang mit Flüchtlingen sind die häufigsten Straftaten Schwarzfahren und der unerlaubte Grenzübertritt. Davor müsse man doch keine Angst haben“, sagte er.
„Wenn alle aus Syrien auswandern, blutet das Land aus. Deshalb sollte man die Grenzen dichtmachen“, rief einer der Gäste. „Man weiß einfach nicht, wer da als Flüchtling kommt“, fügte der „besorgte Bürger“ Alexander Pfeifer hinzu. Eine der Anwesenden fragte sich, „warum Menschen, die selber als Spätaussiedler nach Deutschland gekommen sind, nun Propaganda gegen andere Menschen machen, die Hilfe brauchen.“
Tumultartige Zwischenfälle stören Diskussionsablauf in der Stadtkirche
Die Diskussionsrunde trug nicht dazu bei, dass sich beide Seiten groß annäherten und auch die Podiumsteilnehmer, Yadigar Polat und Christian Glaß vom Breiten Bündnis gegen Rechts sowie Alexander Pfeifer und Dimitri Zajzew als „besorgte Bürger“ kamen erst nach Abschluss der Veranstaltung ins Gespräch.
Während der Diskussion spielten sich in der Stadtkirche tumultartige Zwischenfälle ab, wenn die Besucher durcheinanderschrien, von ihren Sitzen aufsprangen oder die eigenen Ansichten laut beklatscht oder kommentiert wurden.
Hintergrund der Veranstaltung am Donnerstag waren eine unangemeldete Demo der „besorgten Bürger“ Ende Januar sowie Flugblätter mit vermeintlich rechtem Gedankengut und eine Versammlung auf dem Rathausplatz am 28. Februar. Hierzu hatten Bürger mit teils russischer Herkunft eingeladen, die zum Austausch über Ängste durch Flüchtlingszuwanderung aufgerufen hatten.