Ohne Deiche, nasse Füße – diese Losung gilt an der Weser. Hätte Bremen keine Hochwasserschutzanlagen, würden große Teile der Hansestadt schon bei einem mittleren Tiedehochwasser von 2,40 Metern regelmäßig überschwemmt. Damit das nicht passiert, wurde die Stadt durch eine ganze Reihe verschiedener Schutzbauten gesichert.
Um deren Erhalt und Sicherheit kümmern sich die Deichverbände – finanziert durch die Abgaben der Grund- und Immobilienbesitzer. Die werden alle fünf Jahre zur Wahl gerufen, ihre Vertreter für die beiden Deichämter zu wählen.
Auf der rechten Weserseite gibt es 31 und auf der linken Seite 20 Wahlbezirke. Lediglich in den wenigen Bezirken, wo es nur einen Kandidaten gibt, werden keine Wahlunterlagen versandt, da der eine Kandidat dann als gewählt gilt (Friedenswahlbezirke). Eine weitere Besonderheit gilt für Bremen-Nord: Dort kümmert sich der Deichverband seit 2001 im Auftrag der Stadt um die Hochwassersicherheit (ohne Verbandsgebühren).
100.000 Grundbesitzer haben die Wahl
Insgesamt bekommen in der nächsten Woche damit zwar immer noch über 100.000 Bremer ihre Unterlagen für die bis zum 27. Mai laufende Briefwahl. Die haben dann aber oft das Problem zu entscheiden, wem sie eigentlich ihre Stimme geben sollen.
Auf der rechten Weserseite treten zum Beispiel die „Bremer Deichschutzliste“ und die „Bürgergruppe Deichsicherheit“ zur Wahl an.
Dabei räumt selbst der seit zwölf Jahren amtierende Deichhauptmann Michael Schirmer von der Deichschutzliste ein, dass die Unterschiede nicht so groß sind: „90 Prozent von dem, was der Deichverband tut, sind Daueraufgaben. Bei vielleicht zehn Prozent gibt es aber Spielräume und da kommt unser grünes Herz durch“, erklärt Schirmer. Dabei weist er zugleich auf die starke Stellung der Umweltverbände in Bremen hin.
„Es ist eine deutschlandweit einmalige Besonderheit, dass sich eine Kandidatenliste für einen bedeutenden Deichverband um einen großen Umweltverband, nämlich den BUND in Bremen, gruppiert“, erläutert Joachim Seitz aus dem BUND-Vorstand. Und das mit Erfolg.
Seitdem der streitbare Umweltschützer Gerold Janssen mit der Forderung nach mehr Umweltschutz und Transparenz in der Verwendung der Gelder 1996 als erster „Öko-Deichhauptmann“ gewählt wurde, blieb die Verbandsspitze in der Hand der Deichschutzliste. Auf den mittlerweile verstorbenen Janssen folgte Wolfgang Golasowski und später der amtierende Schirmer.
Der Deichhauptmann ist auch Klimaexperte
Der Gewässerökologe und Klimaexperte Schirmer ist wegen seines Engagements auch bei der „Bürgergruppe Deichsicherheit“ beliebt und soll daher auch weiter Deichhauptmann bleiben, wie der Bürgergruppen-Sprecher, August Kötter erläutert. Allerdings wolle die eher „bürgerliche“ Bürgergruppe (mit vielen Ingenieuren und Landwirten) in Zukunft noch mehr auf die Finanzen achten.
Inhaltlich gibt es unterdessen wenig Differenzen: Während Schirmer sich zum Beispiel in passenden Deichabschnitten für „blühende Deiche“ stark macht (da die seltenere Mahd gut für die Artenvielfalt, die Verwurzelung und die Deichsicherheit ist), lehnt die Bürgergruppe dies eigentlich ab, da der Grünschnitt dann extra entfernt werden müsse.
Trotz der auf der rechten Weserseite antretenden Listen, handelt es sich bei der Deichamtswahl um eine reine Personenwahl. Die Reihenfolge der Kandidaten auf dem Stimmzettel richtet sich dabei übrigens nach dem Alphabet und nicht danach, welcher Kandidat sich bei der vergangenen Wahl durchgesetzt hat.
Fakten zu den Deichverbänden
Der Deichverband am rechten Weserufer zählt knapp 89.000 Mitglieder und verfügt über jährliche Einnahmen von 3,6 Millionen Euro. Der kleinere Verband am linken Weserufer zählt um die 31.000 Mitglieder und hat für Unterhalt und Erhalt von Deichen und Gewässern einen Jahresetat von 2,2 Millionen Euro. Dazu kommen bei beiden Verbänden Investitionsmittel von EU, Bund und Land für den Deichausbau wie im Rahmen des Generalplans Küste. Zudem Erhält der Verband am rechten Weserufer weitere 1,5 Millionen Euro an städtischen Mitteln für den Unterhalt des Lesum-Sperrwerkes und der Deiche nördlich der Lesum, da in Bremen-Nord kein Deichbeitragssatz bei der Grundsteuer erhoben wird.