Das Oberlandesgericht Bremen hat entschieden zwei Untersuchungsgefangene zu entlassen, weil die zulässige Höchstdauer der Untersuchungshaft bis zum Gerichtstermin – sechs Monate – überschritten wurde.
Da die Verzögerung vermeidbar gewesen wäre, ist es nicht mehr zumutbar, die Angeklagten weiter in Untersuchungshaft zu behalten. Die Frau und der Mann werden unter anderem des Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung, der Zuhälterei und der Körperverletzung beschuldigt.
Befürchtung des Richterbunds wird wahr
Damit wird wahr, wovor der Bremische Richterbund schon lange warnt: die personelle Ausstattung der Justiz sei völlig unzureichend und deswegen würden fast ausschließlich besonders priorisierte Strafsachen, wie zum Beispiel schwere Gewalt- und Sexualdelikte, sowie Haftsachen verhandelt.
„Die Haftentlassung wegen Überlastung des Gerichts kommt für uns nicht überraschend. Wir fürchten, dass in Bremen in den nächsten Monaten weitere Haftentlassungen drohen, weil aktuell noch zahlreiche Haftsachen bei Gericht anhängig sind und die Strafkammern am Limit arbeiten“, erklärt die stellvertretende Vorsitzende Gesa Kasper.
„Bedrohliche Lage dem Senator bekannt“
Man weise seit Jahren darauf hin, dass die Gerichte und Staatsanwaltschaft mehr Personal brauche. „Die bedrohliche Lage beim Landgericht ist auch dem Justizsenator lange bekannt. Die angekündigte Personalverstärkung in der Justiz von 22 Stellen begrüßen wir. Sie reicht aber bei weitem nicht aus, um die Justiz effektiv von den hohen Verfahrensbeständen zu entlasten und den zu erwartenden Mehraufwand aufgrund der Vielzahl neuer Mitbürger zu bewältigen“, so Kasper.
Dem widerspricht das Justizressort und bezeichnet die Entscheidung des OLG als „äußerst bedauerlich.“ Es sei Aufgabe des Präsidiums des Gerichts durch organisatorische Maßnahmen für eine fristgerechte Terminierung des Prozesses zu sorgen.
Günthner hält Personalausstattung für angemessen
So hätte zum Beispiel eine Hilfskammer mit Richtern aus anderen Kammern eingerichtet werden können. Justizsenator Mathias Günthner hält die Personalausstattung des Oberlandesgerichts für angemessen und die Verfahrensverzögerung sei nicht auf eine zu dünne Personaldecke zurückzuführen.
Im Bundesvergleich sei das Landgericht Bremen bedarfsgerecht ausgestattet. Aus rechtlichen Gründen könne das Justizressort jedoch auf organisatorische Entscheidungen des Präsidiums des Landgerichts keinen Einfluss nehmen.