Delme Report: Wann braucht man ein neues Schultergelenk?
Dr. Markus Philipp: Die Indikationen sind ähnliche wie bei Knie und Hüfte: Verschleiß, degenerative Erkrankungen und Unfälle. So wie es Brüche des Schenkelhalses gibt, kommt es auch zu Brüchen des Schultergelenks. Dabei setzt man in letzter Zeit häufiger neue Gelenke ein.
Welchen Vorteil hat das?
Die Beweglichkeit ist gut und von den Schmerzen her ist es für die Patienten viel angenehmer, als wenn man solche Brüche mit Nägeln und Platten versorgt. Es kommt aber immer auf die Bruchform an, ob das überhaupt notwendig ist.
Welche Anwendungsbereiche gibt es noch?
Genau wie bei Knie und Hüfte setzt man künstliche Schultergelenke im orthopädischen Bereich bei Arthrosen ein. Bei der Schulter kommt es vor allem darauf an, wie die Weichteile noch funktionieren, ob sie genügend Stabilität geben. Das ist übrigens nicht nur ein Thema für alte Leute, sondern auch für jüngere Menschen.
Wie viele neue Gelenke setzen Sie pro Jahr ein?
In unserer Klinik haben wir im vergangenen Jahr rund 300 Gelenke eingesetzt. Etwa 50 davon waren Schultern.
Wie aufwändig ist die Operation?
Das ist wie bei Knie und Hüfte ein großer Eingriff. Man muss das gesamte Gelenk darstellen. Gerade im Bereich des Schultergelenks laufen viele Gefäße und Nerven lang. Deshalb sind wir sehr vorsichtig, um nichts zu verletzen. Darüber hinaus bietet unsere Klinik speziell die Möglichkeit, solche Eingriffe auch bei Patienten durchzuführen, die sehr stark vorerkrankt sind. Beispielsweise bei Herz-Lungen-, Zucker- oder Nierenerkrankungen. Wenn etwas passiert, haben wir die entsprechenden Stationen, um diese Patienten zu behandeln.
Wie lange dauert dann üblicherweise die Nachsorge?
Die stationäre Behandlung dauert zwischen acht und zwölf Tagen. Die Wundheilung dauert immer etwa zwei Wochen. Die weitere Nachsorge hängt davon ab, was man bei der Operation macht, beispielsweise ob Sehnen wieder festgemacht werden, um eine bessere Beweglichkeit und Stabilität zu erreichen. Wenn das der Fall ist, dauert die Rehabilitation länger, weil die Sehnen erst wieder anwachsen müssen. Wenn das nicht der Fall sein sollte, kann der Patient direkt nach der Operation so viel bewegen, wie er möchte und wie er aufgrund der Schmerzen kann.
Wie belastbar ist ein künstliches Schultergelenk?
Einen Kasten Bier zu heben, ist aufgrund der Zugbelastung für ein neues Gelenk schon eine erhebliche Belastung. Dann muss man aufpassen, dass die Komponenten nicht auseinander gehen. Das Schultergelenk ist anders als beim Hüftgelenk eher durch Weichteile geschützt. Die Muskeln und Sehnen müssen gut erhalten sein, sonst kann es zu Ausrenkungen kommen.
An wen richtet sich Ihr Vortrag über das künstliche Schultergelenk, den Sie am 10. Mai im Blauen Salon des Josef-Hospitals Deichhorst halten?
An alle, die mit Medizin, mit Chirurgie und mit Orthopädie zu tun haben. Natürlich auch an alle Betroffenen, die schon operiert sind oder die Schulterschmerzen haben. Es gibt ja nicht nur Endoprothetik. Man muss auch über Dinge sprechen, die man vor einer solchen Operation tun kann. Schmerztherapie und Krankengymnastik spielen eine große Rolle.
Zur Person
Dr. Markus Philipp (48) ist seit der Zusammenführung der Delmenhorster Krankenhäuser einer der Chefärzte der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie am Josef-Hospital Deichhorst. Zuvor war er seit 2010 in gleicher Funktion am Krankenhaus St. Josef-Stift tätig, wo er nach seiner Facharztausbildung in Bremen und Oldenburg zwischenzeitlich auch schon einmal Oberarzt gewesen war.
Veranstaltungstipp
Dr. Markus Philipp hält am Dienstag, 10. Mai 2016, 17 Uhr, unter dem Titel „Das künstliche Schultergelenk“ im Blauen Salon des Josef-Hospitals Deichhorst an der Wildeshauser Straße einen Vortrag über Möglichkeiten der Schulterendprothetik. Eine Anmeldung ist erforderlich und möglich unter Telefon 04221 99 55 11.