Klaus Krentzel in seinem Museum. Foto: Zeidler Klaus Krentzel in seinem Binneboom-Museum. Foto: Zeidler
Kleinod

Landlust: So war das Leben vor den Toren Bremens

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Webstühle, Plätteisen, Torfspaten: Im liebevoll gepflegten Binneboom-Museum von Klaus und Jutta Krentzel kann man in das bäuerlichen Leben des 18. bis 20. Jahrhunderts eintauchen. Wir waren auf Zeitreise.

„Wir sind das letzte Haus im Osten Bremens“, erzählt Klaus Krentzel. 1881 hatte der Urgroßvater das Haus fertig gebaut. Eine Fotografie von ihm hängt in der Diele. Was die Menschen im 18./19. Jahrhundert in ihrem Alltag in den Händen hielten, zeigt nun der Urenkel sowie Landmaschinen aus dem frühen 20. Jahrhundert.

All die Brotgetreidekörbe, Plätteisen, Tischlerhobel, Torfspaten, Webstühle, Schlittschuhe und, und, und stammen aus Bremen und dem Umland. Von all diesen Schätzen ahnt der Besucher nur vage, wenn er sich dem Hof nähert.

Schleifsteine, Dreschmaschinen und anderes Großgerät drängen sich dort unterm Dach aneinander. An der Wand daneben befindet sich ein kleiner Schuppen. Die Holzschuhwerkstatt von Hans Kück aus Huxfeld.

Einige Exponate im Binneboom-Museum voll funktionsfähig

Voll funktionstüchtig, sagt Krentzel stolz. Nur: „Wer will heute noch Holzschuhe kaufen?“, fragt er. Und wenn, dann kommen sie aus Holland. Aber im Binneboom-Museum ist alles original.

Das Faible fürs Alte und Sammeln besitzt Klaus Krentzel schon ewig. Seit 1995 zeigt er die private Sammlung alljährlich von Mai bis September an jedem ersten Sonntag im Monat Besuchern.

Kaffee und Kuchen zum Selbstkostenpreis

Eintritt kostet das keinen. Kaffee und Kuchen verkauft das Ehepaar zum Selbstkostenpreis. Warum er das so macht? „Wir haben die Sachen ja nun mal“, sagt er.

Derweil watschelt eine Wildente um die Hausecke, stracks auf die Futterscheune zu. Das Wort wild passt wohl nicht mehr ganz. Klaus Krentzel holt die Körnerbox und die Dame frisst direkt daraus. Sie ist die zahmste der rund 65 Wildenten, die bei ihm wohl genährt über den Winter kamen.

Auch Schleiereulen und Fledermäuse wohnen vor Ort

Schleiereulen und Fledermäuse wohnen auch hier. Er mag Tiere und die Natur. Das ist unschwer zu erkennen. Erst recht, wenn er darüber erzählt, dass auf der Streuobstwiese rund 75 alte regionale Apfelsorten wachsen.

Das Alte bewahren gilt ihm also längst nicht nur für Küchen-, Acker- oder Handwerksgerät. Obwohl er davon reichlich besitzt. So viel, dass er später sagen wird: „Wir brauchen den zehnfachen Platz.“
Klaus Krentzel öffnet die Tür zur Diele. Schummrig scheint die Sonne herein und ein Hauch Vergangenheit liegt in der Luft. Hereinspaziert in das Bauernleben vergangener Tage. Schwere Tische erwarten die Sommergäste.

An ihnen können sie Sottrumer Bio-Butterkuchen verspeisen mit Blick auf Uromas Küchenutensilien. Davor stehen noch die jüngsten Neuzugänge der Sammlung: eine Eismaschine von 1910 und ein Grammophon. Krentzel öffnet den Deckel. Eine Schelllackplatte glänzt kratzerfrei im Licht und er sagt stolz: „Das spielt noch.“

Zwei Wochen putzen vor Saisonbeginn

„Bauernküche“, „Waschen und Mangeln“ oder „Backen“ heißen die Rubriken unter den Holzbalken der Diele. Jeder Zentimeter ist belegt oder behängt. Klaus Krentzel kennt jedes Stück. Einmal im Jahr nehmen er und seine Frau Jutta alles in die Hand.

Zwei Wochen putzen die beiden vor Saisonbeginn jedes Staubkorn und jede Spinnenwebe weg. „Das ist eine Sauarbeit“, brummt Krentzel und weiß, das ganze Museum ginge nicht ohne seine Frau. Mehr als einmal sagt er das und ist ihr dankbar dafür.

Wie viel Arbeit das Putzen macht, lässt spätestens der Dachboden erahnen. Acht Meter breit und mindestens 15 Meter lang. Vielleicht auch mehr. So genau kann Krentzel das nicht sagen. Aber er kann Geschichten erzählen.

Zu jedem Exponat eine Geschichte

Fast zu jedem Exponat eine. Etwa die vom Webstuhl aus Seebergen. Den hat er aus dem Sperrmüll gezogen, hat aus zweien einen gemacht. Darauf hat seine Frau inzwischen mehr als 100 Meter gewebt.

So geht es immer weiter, von Stück zu Stück, von der historischen Schreibmaschine zu den Holzschlittschuhen mit Handsegel und zur Vitrine mit archäologischen Funden aus der Region und von Geschichte zu Geschichte.

Wenn sich Gruppen anmelden oder genug Leute da sind, dann macht Krentzel Führungen. Eine spannende Reise in die Vergangenheit ist das allemal und die hektische Gegenwart geht irgendwo zwischen Klaus Krentzels Exponaten und Geschichten unbemerkt verloren.

Mehr Infos: Binneboom-Museum, Am Hexenberg 2, 28357 Bremen, von Mai bis September an jedem ersten Sonntag im Monat von 14 bis 18 Uhr, Gruppenanmeldung bei Klaus Krentzel unter Telefon 0421/273731

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