„Die Jungen haben Hunger, sie sind schon eine halbe Stunde überfällig.“ Mit einem Handtuch über der Schulter, einer kleinen Spritze mit Gummiaufsatz in der Hand und einem entschuldigenden Lächeln auf den Lippen öffnet Jürgen Conrad die Haustür.
Schnurstraks geht er ins Wohnzimmer, wo drei quiekende Tierchen in einem Korb pfötchenringend auf ihn warten. Eines nach dem anderen hebt er vorsichtig heraus, um ihnen mit besagtem Hilfsmittel Aufzugsmilch zu verabreichen.
Eines saugt so stark, dass es binnen von Sekunden 12,5 Milliliter getrunken hat. Dann reibt der Tierfreund das weiße Bäuchlein des Nagers. „Er muss stimuliert werden, um Urin abzulassen. Von alleine können die Tiere das erst nach sechs Wochen.“
Drei Babys und sechs Jungtiere in Obhut
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„Eines Tages kam mein Hund nach Hause und verhielt sich komisch. Immer wieder stupste er mit der Nase in sein Fell“, erinnert Conrad sich. „Irgendwann habe ich nachgeschaut, was da los ist, und habe ein kleines Eichhörnchen entdeckt, dass sich an meinen Vierbeiner gekuschelt hatte.“ So wurde er über Nacht „Papa“ des Findelkindes und informierte sich umfassend, was mit diesem zu tun sei.
Gute Zusammenarbeit mit dem Tierheim
Seine fürsorgliche Art sprach sich herum. Wenige Tage später hatte er ein weiteres Tier, inzwischen besteht auch eine gute Zusammenarbeit mit dem Tierheim . „Die Frau, die einst dort für die Eichhörnchen zuständig war, ging in Rente, als ich meine Leidenschaft für die Kleinen entdeckt habe.“
Ein Zufall, der dem Pflegedienstleiter in einem ambulanten Pflegedienst einen weiteren Full-Time-Job bescherte. „Ganz kleine Hörnchen müssen alle zwei Stunden gefüttert werden“, berichtet er. Außerdem sei es wichtig, sie warm zu halten.
Verwaiste Tiere suchen Kontakt zum Menschen
„Jungtiere ohne Mutter suchen deshalb instinktiv den Kontakt zum Menschen. Man muss dabei keine Angst haben, dass sie Tollwut haben, bei Eichhörnchen ist in dieser Hinsicht kein Fall bekannt.“
Angst hat Conrad höchstens vor der falsch verstandenen Tierliebe mancher Mitmenschen. „Manche denken, sie tun Gutes, wenn sie einem Eichhörnchen Kuhmilch verabreichen. Bloß nicht“, warnt er.
Sein Tipp: „Zunächst nur Fencheltee mit Traubenzucker oder Honig und fünf Körnern Salz. Bitte keine Spritze ohne Gummiaufsatz benutzen, die kann den noch weichen Zähnen schaden. Dann lieber eine Plastiktüte mit einem kleinen Loch versehen und als Trichter benutzen. Das Eichhörnchen in einen Karton betten. Einen Latexhandschuh mit warmem Wasser darin verknoten. Er kann für die richtige Temperatur sorgen.“
Eichhörnchen sind keine Haustiere
Dennoch solle man das Tier schnellstmöglich ans Tierheim oder an ihn übergeben, denn: Eichhörnchen sind keine Haustiere, zumal sie niemals stubenrein werden.
Abholen kann er Findlinge leider nicht. „Ich wäre manchmal stundenlang unterwegs.“
Neben dem Zeitaufwand spielt natürlich auch der finanzielle eine Rolle. Conrad macht sein Hobby ehrenamtlich, er ist dringend auf Spenden angewiesen – auch auf die von Nahrungsmitteln. „Die müssen aber unbehandelt sein, geschwefelte Früchte aus dem Supermarkt helfen mir nicht“, betont er.
Sein Verbrauch an Äpfeln, Möhren, Nüssen und im Sommer auch an Nektarinen ist hoch: 70 Eichhörnchen hat er dieses Jahr schon aufgepäppelt. Bevor er sie in einem Wald bei Garlstedt aussetzt, wohnen sie in Volieren in der Auffangstation.
Wer kann bei der Aufzucht helfen?
In dieser Zeit reduziert der Fachmann die Kuscheleinheiten. „Nach einer Woche ohne fremdeln sie bereits wieder. Und das ist in der Natur überlebensnotwendig.“ So lässt der Gastvater sie dann auch mit lachenden Augen ziehen. „Ich freue mich jedes Mal, wenn ich einen guten Job gemacht habe.“
Wer Conrad unterstützen kann Spenden auf folgendes Konto überweisen: IBAN DE20 2905 0101 3401 8574 81 Außerdem sucht Jürgen Conrad Tierfreunde, die ihm bei der Aufzucht von Jungtieren zur Hand gehen können und diese am Wochenende in Obhut nehmen. Telefonisch ist die Aufzuchtsstation unter 0179-742 44 79 erreichbar