Magdalena Los neben ihrem Kunstwerk „Ohne Titel“ Magdalena Los neben ihrem Kunstwerk „Ohne Titel“ Fotos: pv
Prämiertes Latex

Wie ein Vampir – Kunst aus Latex zerfällt zu Staub

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Magdalena Los ist im Bremer Osten aufgewachsen. Seit frühester Kindheit macht sie Kunst. Durch Babypuder, Silikonöl und Latex hat sie jetzt ihren „Bildende Künste“-Bachelor in der Tasche – und 3.750 Euro noch obendrauf.

Latex – ein Material mit zahlreichen Verwendungsmöglichkeiten. Zu den bekanntesten zählt die Kleidung. Diese wiederum bedarf besonderer Aufmerksamkeit bei der Pflege.

Für alle Latex-Laien: Um das Produkt möglichst lange zu erhalten, wird es mit Silikonöl und Babypuder behandelt – so weit, so üblich.

Wesentlich ungewöhnlicher als aus dem Kunststoff Kleidung herzustellen, ist die Idee, den „Gummi-Stoff“ als Leinwand zu verwenden. Diesen unkonventionellen Einfall hatte Magdalena Los. Und damit hat die Künstlerin jüngst ihren „Bildende Künste“-Bachelor an der Hochschule für bildende Künste Hamburg (HfBK) gemacht.

Künstlerischer Start im Bremer Osten

Groß geworden ist Los im Bremer Osten, nachdem ihre Eltern aus Polen immigriert sind. Ihre ersten künstlerischen Schritte machte sie recht früh. Bereits in ihrer Grundschule in Tenever wurde sie von Lehrerseite aus ermutigt und unterstützt, kreativ zu sein.

Mit neun Jahren nahm sie zum Thema „Bilder unserer Welt“ an einem Mal-Wettbewerb der Telekom teil, machte den ersten Preis und ihr Bild kam 1996 aufs Telefonbuchcover.

„Man muss auf sein Können vertrauen“

Im Vorfeld ist sie allerdings von den anderen Kindern in ihrer Klasse für das eingereichte Bild gehänselt worden. Ein damaliger Mitschüler sagte, so ein Bild wie ihres könne doch nicht einmal den letzten Platz gewinnen.

„Als Neunjährige hat mich das natürlich traurig gemacht. Dass ich dann trotzdem gewonnen habe, war die erste Lektion in Sachen: Man muss seinen eigenen Weg gehen und auf sein Können vertrauen“, sagt Los.

20 Jahre später: die Geschichte wiederholt sich. Nicht eins zu eins, schlimmer: Denn jetzt hagelt es Kritik von Professoren und Kommilitonen. „Kurz vor meiner Bachelorabschlussprüfung heißt es bei Präsentationen und in Gesprächen, meine Latexbilder seien unverkäuflich, da sie keine lange Halbwertszeit besäßen“, berichtet Los.

Allen Kritikern zum Trotz

Damit seien sie auch schwer auf dem Kunstmarkt zu positionieren, was sie generell zu einer schwierigen künstlerischen Arbeit mache. Ihr wurde geraten, die ganze Sache noch einmal zu überdenken.

„Was ich tat – auch in Erinnerung an früher und entschied, meine Abschlussausstellung trotzdem so zu gestalten, wie ich es möchte“, erklärt Los.

Das Ergebnis: Los überzeugte eine externe Jury von ihren Arbeiten und erhielt sogar den Karl H. Ditze Preis für die beste Abschlussarbeit inklusive 3.750 Euro Preisgeld.

Und so beschreibt Los ihre Kunst: Latex eignet sich scheinbar nicht als Bildträger, da es ein äußerst sensibles Material ist: in Kontakt mit Metallen, Fetten, Nikotin und vor allem mit UV Licht verliert es an Elastizität, wird spröde und reißt. Mit der Zeit passiert das so oder so.

Ohne Titel (Feierabend-Vino)

Ohne Titel (Feierabend-Vino)

Babypuder und Silikonöl auf Latex

Vor allem durch das Licht wird der Zersetzungsprozess beschleunigt – und es zerfällt wie ein Vampir, sozusagen.

„Gerade das hat mich interessiert: dass es nicht von Dauer ist. Wer es kauft, kann es nicht als Geldanlage erwerben. Genauso wie Latex, eignen sich die Bilder nur für bestimmte Leute. Man muss es halt lieben“, sagt Los.

Und ergänzt: „Wenn man ein Kleidungsstück aus dem Material besitzt, wofür es normalerweise benutzt wird, dann muss man es mit Baby- oder Talkumpuder behandeln und mit Silikonöl einreiben. Genauso habe ich die Bilder gemalt – mit den Materialien, mit denen Latex auch behandelt werden muss: Silikonöl und Babypuder.“

Die Motive sind angelehnt an Clipart Motive aus dem Bereich Büro und Freizeit, darunter Büropflanzen, Altenstapel, eine Sekretärin, ein Haus, der wohlverdiente Feierabendwein.

Darf sich ein Kunstwerk ändern?

Thematisch haben sie dabei folgenden Fragen beschäftigt: Die Frage nach dem Wert eines Kunstwerkes, welches höchstwahrscheinlich die Künstlerin nicht überleben wird, und das Verhältnis von Arbeit, Zeit, Geld. Was ist überhaupt Wert, wie wird der Wert eines Kunstwerkes bestimmt, wo ist der Unterschied zwischen Arbeit und künstlerischer Arbeit? Wer bestimmt die Relationen? Darf sich ein Kunstwerk ändern?

Offenkundig darf es das – spätestens seit jetzt.

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