„Als der 19-jährige Patient am Mittwoch aus unserer Klinik geflohen ist, war bereits klar, dass eine psychiatrische Erkrankung nicht vorliegt“, sagt Dr. Stefan Renner. Er ist Chefarzt des „Zentrum für seelische Gesundheit“ in Bassum und hat den Algerier, der die Großfahndung in Bremen ausgelöst hatte, mit betreut. Der Mann wäre am Nachmittag entlassen worden.
„Seine Drohung „ich sprenge euch alle in die Luft“ haben wir auf uns bezogen, fühlten uns aber nicht unmittelbar bedroht“, sagt Renner. Dennoch habe er zur Sicherheit die Polizei alarmiert. „Es ist schwer einzuschätzen, wie gefährlich jemand ist, wenn man ihn kaum kennt oder Hindernisse wie eine Sprachbarriere dazu kommen“, so der Facharzt für Psychotherapie. Dass seine Patienten Drohungen aussprechen sei „ein Stück weit Alltag“.
Großeinsatz am Weserpark war Fehlalarm
„Wenn ich gewusst hätte, was ich mit meinem Anruf auslöse, hätte ich mir das drei Mal überlegt“, sagt Renner rückblickend über den Großeinsatz. Doch auch wenn er die Drohung auf das Klinikpersonal bezog, „man weiß nie was genau in dem Kopf eines Patienten vorgeht“.
Die Polizei vermutete, dass der Algerier in den Weserpark gefahren sei, weil dort ein Wachmann einen „verdächtigen Mann“ kontrolliert hatte. Um die Gefahr für Unbeteiligte zu minimieren ist das Einkaufszentrum am Mittwoch evakuiert worden. Schlussendlich war es ein Fehlalarm.
Grundsätzlich müsse man bei jedem Fall schauen, wo eine Gefährdung herkommt. „Das kann ganz unterschiedliche Ursachen haben, hoch-psychotische Menschen können auch Drohungen aussprechen“, so Renner.
„Das Fremde macht uns Angst“
Er erinnert daran, wie oft es vor kommt, dass ein psychisch kranker Mensch „wild in der Gegend krakeelt und niemanden kümmert es“. Der aktuelle Fall zeige auch, wie sensibel die Sicherheitsbehörden geworden sind.
„Das Fremde macht uns vielleicht mehr Angst“, glaubt Renner. Die Debatte um psychisch kranke Flüchtlinge, die Attentate wie in Würzburg, Reutlingen oder Ansbach verübten, bezeichnet der Psychologe als Hype. „Wir müssen uns klar machen: Das sind Einzelfälle, wenn man diese drei Fälle in Relation zu einer Millionen friedlicher Flüchtlinge setzt.“