Als am Donnerstag auf der turnusmäßigen Pressekonferenz vor einem Bundesligaspiel die Fragen zu Werders Gastspiel beim SV Darmstadt 09 am Sonnabend (15.30 Uhr/live bei Sky) gestellt wurden, saß neben Geschäftsführer Frank Baumann und Rechtsverteidiger Theo Gebre Selassie auch wieder Alexander Nouri auf dem Podium sitzen.
Der Interimscoach hat der scheintoten Mannschaft wieder Leben eingehaucht. Bestand in den letzten Tagen und Wochen unter Viktor Skripnik keinerlei Aussicht auf Besserung, so fährt Werder nun am Wochenende durchaus mit Ambitionen nach Darmstadt.
Viel emotionaler als Skripnik
Aber was hat Nouri anders gemacht als sein Vorgänger? Und vor allem in so kurzer Zeit? Da ist natürlich sein emotionales Coaching zu nennen. Während Skripnik oft stoisch, ja fast teilnahmslos sein Kaugummi am Spielfeldrand oder auf der Bank kaute, gibt Nouri 90 Minuten Vollgas. Er gestikuliert, korrigiert, ruft seinen Spielern zu, gibt Anweisungen und motiviert ohne Unterlass. Ein riesengroßer Unterschied.
Bei seinem Bundesliga-Debüt überdrehte der 37-Jährige dann auch derart, dass ihn Schiedsrichter Wolfgang Stark kurz vor Schluss auf die Tribüne schickte.
Fehler erkannt und korrigiert
Dass er dort noch in der Nachspielzeit den Siegtreffer der Mainzer miterleben musste, wurmte Nouri so sehr, dass er in seinem zweiten Spiel zwar auch sehr aktiv coachte, aber das Schiedsrichtergespann größtenteils in Ruhe ließ.
Überhaupt zog er aus der Niederlage gegen Mainz die richtigen Schlüsse und korrigierte Fehler. Genau wie der Coach hatte die Mannschaft bei der 1:2-Niederlage zuviel Gas gegeben und konnte am Ende nichts mehr nachlegen.
Lob vom Torschützen
Nouri erkannte das und verordnete seinen Spielern dann gegen Wolfsburg eine kontrollierte und kraftsparendere Spielweise. Das Ergebnis ist bekannt: Werder konnte das Spiel noch drehen und den ersten Saisonsieg einfahren.
„Der Trainer hat uns nach vorne gepusht. Er hat die richtigen Worte gefunden und war an der Seitenlinie heiß und emotional“, lobte Torschütze Lennart Thy seinen Coach.
Gutes Händchen beim Personal
Und Izet Hajrovic, der erstmals seit Mai 2015 in zwei Bundesligaspielen in Folge in der Startelf gestanden und gegen Mainz seinen zweiten Liga-Treffer im Werder-Dress erzielt hatte, ergänzte: „Er hat uns gut motiviert und eingestellt. Jeder wusste, was er zu tun hat.“
Thy und Hajrovic sind zwei Beispiele dafür, dass Nouri auch bei den Personalentscheidungen richtig lag. Der Bosnier war unter Skripnik keine Option, schaffte es an Spieltagen gar nicht mehr in den 18er-Kader und sollte den Verein eigentlich verlassen. Nun legte er zwei engagierte Auftritte hin und wer auch immer Werder in Zukunft trainieren wird, hat eine Alternative auf dem rechten Flügel mehr.
„Wir sollen an uns glauben“
Thy saß zweimal nur auf der Bank, weil Nouri seinem U23-Stürmer Ousman Manneh vertraute. Als er gegen Mainz ins Spiel kam, gelang ihm gar nichts. Aber der Coach richtete den Angreifer wieder auf, der zahlte es mit dem so wichtigen Ausgleich nach seiner Einwechslung zurück. „Der Trainer hat vor dem Spiel gesagt, wir sollen an uns glauben“, so Thy.
So wie es derzeit aussieht, wird das Auswärtsspiel in Darmstadt vorerst Nouris letzter Auftritt als verantwortlicher Trainer des SV Werder sein. Die Grün-Weißen verhandeln dem Vernehmen nach mit einem Coach, der derzeit noch bei einem anderen Verein unter steht.
Es muss also nicht nur Einigung mit dem neuen Übungsleiter, sondern auch mit dem abgebenden Klub erzielt werden. Aber durch die gute Performance des Interimstrainers steht Werder nicht mehr unter dem ganz großen Zeitdruck.