Die Türme des Klinikums-Ost, in denend ie Station untergebracht ist. Foto: WR
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Frische Luft – in der Psychiatrie oft nur im Käfig

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Kameraüberwachung, angeblich hoher Sanierungsbedarf und frische Luft nur im Käfig: Die Zustände in der Station 63 des Klinikums Bremen-Ost sind in die Kritik geraten. Laut Behörde habe sich die Situation verbessert.

„Bei Patienten ist die Station als Gefängnis bekannt“, sagt Detlef Tintelott. Er ist Patientenfürsprecher am Klinikum Bremen-Ost und Vorsitzender des Landesverbands Psychiatrieerfahrener.

Es sei schon vorgekommen, dass Patienten wochenlang nicht an die frische Luft gekommen sind. Der Grund: Die geschlossene Psychiatrie-Station 63 ist in einem der Hochhaus-Türme des Klinikums Ost untergebracht. „Da ist also kein umzäunter Garten“, so Tintelott.

Austrittsmöglichkeit „nicht tragbar für Patienten“

Solange es keinen begleiteten Ausgang gibt, ist die einzige Möglichkeit für Patienten, frische Luft zu schnappen, ein käfigartiger Balkon. Das kritisiert auch die von der Gesundheitssenatorin einberufene Besuchskommission scharf. Die vergitterte Austrittsmöglichkeit sei „nicht tragbar für Patienten“. „Dort kommt man sich unwürdig vor“, sagt Bürgerschaftsabgeordneterer Rainer Bensch (CDU), der seit Jahren der Kommission angehört.

Die Besuche auf der Station 63 seien auch für die Mitglieder des Gremiums immer wieder belastend. „Danach ist man fertig, man bräuchte eigentlich fast selbst eine Therapie“, so Bensch. Dass sich seit Jahren nichts am baulichen Zustand ändere – unter anderem gibt es nur zwei Duschen für alle Patienten, eine schlechte Belüftung und kaum Rückzugsräume –  könne er nicht verstehen.

Behandlung vorwiegend mit Medikamenten?

In ihrem Bericht über ihre Stationsbesuche zwischen 2013 und 2016 kommt die Besuchskommission außerdem zu dem Ergebnis, die Behandlung auf der Station vorwiegend mit Medikamenten statt mit Psychotherapie entspreche weder den fachlichen Standards, noch der Würde der Patienten.

Karin Matiszick, Sprecherin des Klinikträgers Gesundheit Nord (GeNo), widerspricht: „Natürlich werden die Patienten dort auch psychotherapeutisch behandelt.“ Einen Sanierungsstau gebe es nicht. Im Gegenteil, es sei mehrmals renoviert worden. „Aber die Struktur der Station ist für Psychiatrie-Patienten keine optimale Lösung“, gibt Matiszick zu. Deshalb gebe es inzwischen nur noch 17 statt 20 Betten, die nach Möglichkeit nicht alle belegt würden. Mittelfristig solle die Station aber ins Haus 3 des Klinikums umziehen.

Auf richterlichen Beschluss in der Psychiatrie

Der Balkon sei aus Sicherheitsgründen vergittert. „Dort werden psychisch labile Menschen behandelt“, betont die Klinksprecherin. Die meisten sind wie insgesamt 1.148 Menschen in der Stadt Bremen allein im vergangenen Jahr auf richterlichen Beschluss untergebracht, weil sie eine Gefahr für sich oder andere darstellen.

Die im Bericht der Besuchskommission erwähnte Kameraüberwachung sei zwar ungewöhnlich aber mit dem Betriebsrat abgestimmt. „Es gab in der Vergangenheit immer mal wieder Brände auf der Station“, erklärt Matiszick.

Renoviert und „Personalpool“ vergrößert

Gesundheitssenatorin Prof. Eva Quante-Brandt kennt die Kritik an der Station. Sie habe gleich zu Beginn ihrer Amtszeit veranlasst, dass renoviert und der Personalpool vergrößert wurde, teilt ihre Sprecherin Christina Selzer mit. „Die Situation hat sich erkennbar gebessert, sowohl was die Atmosphäre als auch was die Belegungssituation angeht“, heißt es in der Gesundheitsbehörde.

Neben dem Klinikum Ost hat die Kommission auch die psychiatrischen Stationen in Bremen-Nord, Bremerhaven und die Dr.-Heines-Klinik in Oberneuland besucht – dort aber, wenn überhaupt, nur kleinere Kritikpunkte.

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