Tagesmütter bekommen in Bremen weniger Lohn als Erzieher, sind aber für Alleinerziehende wichtig. Foto: WR Damit Kitas ihrem Inklusionsauftrag nachkommen können, zwacken sie die Ressourcen ab, die eigentlich die soziale Benachteiligung in den Einrichtungen kompensieren sollen. Foto: WR
Inklusion

Brennpunkt-Kitas in Bremen leiden unter Inklusion

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Kitas in sozial schwachen Regionen sollen eigentlich besonders gefördert werden. Stattdessen fließen die Extra-Wochenstunden in der Praxis aber oft in die Arbeit mit Kindern, die einen speziellen Förderbedarf haben.

Acht Jahre ist es her, dass bemessen wurde, wie viele Extra-Wochenstunden einer Kindertagesstätte zustehen, um Kinder mit Behinderungen oder Verhaltensauffälligkeiten entsprechend zu fördern.

„2008 hat man festgestellt, dass das auf 680 Kinder in ganz Bremen zutrifft und die entsprechenden Mittel zur Verfügung gestellt“, erklärt Sandra Ahrens, kinderpolitische Sprecherin der CDU.

Bahlmann: „Zahl der Förderkinder ist angestiegen“

Das führt in den einzelnen Einrichtungen längst zu massiven Problemen. „Wir kriegen immer noch die gleiche Stundenzahl, sie ist nicht mit der Zahl der Förderkinder angestiegen“, bestätigt Wolfgang Bahlmann, Geschäftsführer von Kita Bremen.

Dabei habe die Zahl der Kinder mit Förderbedarf stark zugenommen. Die Folge: Im Alltag werden die Extra-Stunden, die eigentlich dafür vorgesehen sind, die soziale Benachteileigung der Kinder in den sogenannten Index-Kitas auszugleichen, dafür abgeknapst, die Kinder mit Förderbedarf zu integrieren. „Denn sie haben einen Rechtsanspruch“, erklärt Bahlmann das Dilemma.

CDU kritisiert Unterfinanzierung

Ahrens kritisiert, die veralteten Zahlen führten zur Unterfinanzierung bei allen Trägern: „Die evangelische Kirche kann das noch aus eigenem Budget ausgleichen, aber bei Kita Bremen fehlt das Geld.“

Wie wenig der geplanten Wochenstunden zum Ausgleich von Belastungen in sozialen Brennpunkten tatsächlich in den Kitas des kommunalen Trägers Kita Bremen ankommt, geht aus einem vertraulichen Papier hervor, das dem WESER REPORT vorliegt.

Nur ein Drittel der Ressourcen fließt in Brennpunkt-Kitas

Darin heißt es, dass für die 41 Einrichtungen in den sozialen Brennpunkten eigentlich 1.968 zusätzliche Wochenstunden vorgesehen sind. Mit diesem Budget sollen zum Beispiel Sozialpädagogen Elternberatungen durchführen oder mit anderen Maßnahmen die soziale Benachteiligung der betreuten Kinder auffangen.

Tatsächlich fließen aber lediglich 693 Wochenstunden – also etwa ein Drittel – in diese Arbeit. Die Differenz nutzt Kita Bremen für die Betreuung von Kindern mit Inklusionsbedarf.

Verwaltung ist jetzt in Gesprächen

Den Eindruck, dass dringend benötigte Gelder nicht in den Brennpunkt-Stadtteilen ankommt, hat auch Sandra Ahrens. „Das Problem ist, dass nicht jede Kita ihren exakten Bedarf angeben kann, sonder anhand der acht Jahre alten Zahlen pauschal verteilt wird.“

Warum die Berechnungsgrundlage so lange nicht angepasst wurde, kann Annette Kemp, Sprecherin im Ressort Kinder und Bildung, nicht sagen. Sie verweist darauf, dass bis zur vergangenen Wahl noch das Sozialressort für das Thema zuständig war. „Jetzt sind wir aber innerhalb des Bündnisses für Integration und Bildung in Gesprächen.“

Kita Bremen fordert Anpassung der alten Zahlen

Das bestätigt auch Bahlmann. Er kann nur vermuten, warum die Zahlen so lange nicht angepasst wurden. „Erste Priorität hatte der Kita-Platz-Ausbau. Das ist auch nachvollziehbar, denn schließlich geht es auch da um Rechtsansprüche.“

Jetzt aber müssten die Fragen der Inklusion und der sozialen Benachteiligung mit der gleichen Priorität verfolgt werden. „Die Interessen dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden“, warnt er.

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