Der Beschuldigte im Verdener Landgericht am Dienstag. Foto: Sieler Der Beschuldigte im Verdener Landgericht am Dienstag. Foto: Sieler
Stuhr / Verden

Prozess: Suizidversuch oder „tragischer Unfall“?

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Am Landgericht Verden ist am Dienstag der Prozess um einen Todesfall im Juni eröffnet worden. Laut Staatsanwaltschaft soll der Beschuldigte in Suizidabsicht mit seinem Auto einen tödlichen Frontalcrash verursacht haben.

Der Beschuldigte Stefan L. soll sich am 14. Juni mit den Worten „Tschüss, ich bringe mich jetzt um“ von seiner Freundin verabschiedet haben. Kurz darauf verursachte er einen Verkehrsunfall: Sein Wagen krachte auf der Moordeicher Landstraße mit 110 Stundenkilometern in den Gegenverkehr. Die 59-jährige Frau im entgegenkommenden Auto verstarb noch am Unfallort.

Die Staatsanwaltschaft geht von einem Suizidversuch aus. Die Verteidigung nicht. Sandra Beuke, Anwältin des Beschuldigten Bremers, zufolge, komme „allenfalls fahrlässige Tötung in Betracht“, wie sie gegenüber dem Weser Report sagte. Doch laut Staatsanwaltschaft hat L. den Unglücksfall absichtlich herbeigeführt und sei mit seinem Fahrzeug gezielt auf das entgegenkommende Auto gefahren.

Psychose und Schizophrenie diagnostiziert

Eine Schuldunfähigkeit des 30-Jährigen halten beide Seiten für möglich, zumal bei ihm in den vergangenen Jahren eine Psychose und Schizophrenie diagnostiziert wurden. Deshalb hat die Staatsanwaltschaft formal keine Anklage erhoben, sondern ein sogenanntes Sicherungsverfahren eingeleitet. Das bedeutet, dass dem Beschuldigten im Falle einer Verurteilung keine Haftstrafe, sondern eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus droht.

Sollte es soweit kommen, werde dort regelmäßig kontrolliert, ob der 30-Jährige weiterhin als gefährlich einzustufen sei, erklärt Katja Kruschke, Sprecherin des Gerichts. Je nach gesundheitlicher Entwicklung könne eine solche Unterbringung sogar länger dauern als eine Haftstrafe.

Stefan L.: „Ich wollte mich nicht umbringen“

Verteidigerin Beuke geht von einem „tragischen Unfall“, möglicherweise nach einem Sekundenschlaf, aus. In einer schriftlichen Erklärung von Stefan L., die sie im Gerichtssaal verlas, erklärt er, dass er keinerlei Erinnerung an den Tag des Unfalls habe. „Ich wollte mich nicht umbringen“, heißt es darin. Das komme schon nicht in Frage, weil er ein gläubiger Mensch sei.

L. war in der Vergangenheit bereits in einer psychiatrischen Klinik untergebracht und am Tag vor dem Unfall nach einer „Belastungsprobe“ entlassen worden. Auch habe er Medikamente erhalten, wusste aber angeblich nicht, dass er damit nicht Autofahren solle, gibt er ferner in der Erklärung an. Den Angehörigen der getöteten Frau drückte er sein Beileid aus, weitere Nachfragen des Gerichts wollte der 30-Jährige am Dienstag nicht beantworten.

Psychologisches Gutachten in späterer Verhandlung

In der Erklärung gab der Beschuldigte eine Übersicht über seinen Lebenslauf. Erst zu Jahresbeginn zog er mit seiner Freundin nach Bremen, war zuletzt arbeitslos. Aufgewachsen war L. bei seiner Mutter, die seine engste Bezugsperson gewesen sei und 2007 verstarb.

Bis 2014 sei er psychisch gesund gewesen, bei einem Unfall auf einem Trampolin stießen er und seine Freundin mit den Köpfen zusammen, danach seien Verhaltensauffälligkeiten zutage getreten, die ihm selbst auffielen. So habe er unter anderem in Vogelgezwitscher die Stimme seiner Mutter gehört.

Die Verhandlung wird am Dienstag, 3. Januar, am Verdener Landgericht fortgesetzt. In den folgenden Verhandlungsterminen sollen unter anderem Zeugen vernommen und ein psychologisches Gutachten vorgetragen werden.

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