Papiere abgeben, durchsuchen lassen, eingeschlossen werden: Wie es sich anfühlt, in den Knast zu kommen, sollen junge Männer aus Bremen, die in die Kriminalität abzurutschen drohen, demnächst am eigenen Leib erfahren.
Mit dem Projekt „Knast ist nicht cool“ wollen die Gerhard-Rohlfs-Oberschule in Vegesack und der Hamburger Verein „Gefangene helfen Jugendlichen“ für Abschreckung sorgen.
Manche können nicht mehr erreicht werden
„Vor dem Hintergrund des Tötungsdelikts in der Silvesternacht in Lüssum wird auffällig, dass wir manche Jugendliche mit pädagogischen Mitteln nicht mehr erreichen“, sagt Claudia Ludwigshausen, die das Zentrum für unterstützende Pädagogik (ZuP) an der Vegesacker Oberschule leitet.
Sie ist überzeugt: Jugendliche, die mit dem Gesetz in Konflikt kommen, ändern ihr Verhalten nur dann, wenn sie von Menschen, die Gleiches erlebt haben, erfahren, wie der Alltag als überführter Straftäter tatsächlich aussieht.
Auswirkungen auf die ganze Familie
„Oft denken sie nicht daran, was es auch für ihre Familien bedeutet: Ihre Mütter müssen sich beispielsweise bei einem Besuch am ganzen Körper durchsuchen lassen, teilweise entkleiden“, erklärt Ludwigshausen.
Junge Männer zwischen 14 und 17 Jahren, die auf der Schwelle zur Kriminalität stehen, sollen an „Knast ist nicht cool“ teilnehmen. Dazu gehören auch Gespräche mit ehemaligen Insassen, von denen sie erfahren, wie sie im Knast gelandet sind und wie dort der Alltag aussieht.
Erfahrung soll helfen
„Den Jugendlichen wird ein Spiegel vorgehalten“, sagt Volkert Ruhe. Der 61-Jährige hat den Verein „Gefangene helfen Jugendlichen“ in Hamburg gegründet. Ruhe selbst war vor gut 20 Jahren zu 13 Jahren Haft im Hochsicherheitsgefängnis Hamburg-Fuhlsbüttel („Santa-Fu“) verurteilt worden. Acht davon saß er ab.
Seine ersten beiden Jahre nutzte Ruhe gemeinsam mit zwei Mithäftlingen dafür, das Projekt und den Verein auf den Weg zu bringen – erfolgreich. Bis heute haben 5.000 Jugendliche in Hamburg daran teilgenommen.
Ausweitung der Aktivitäten
„Es ist keine Wunderwaffe, aber unsere Erfolge bestätigen uns“, sagt er. Ruhe geht davon aus, dass bis zu zwei Drittel der teilnehmenden Jugendlichen mithilfe des Projekts erreicht werden konnten.
Auch in Bremen ist der Verein bereits seit zehn Jahren aktiv. Neu ist aber, dass jetzt explizit Jugendliche in den Fokus rücken, die selbst Straftäter werden könnten. In drei Phasen setzen sie sich mit der ihnen drohenden Zukunft auseinander:
Drei-Phasen-Modell für Jugendliche
Nach einer Vorbereitung führen sie Gespräche mit ausgesuchten Inhaftierten und landen selbst auf Zeit hinter Gittern. Ihre Eindrücke sollen sie in einer letzten Phase reflektieren. Nach dem Pilot-Projekt in Bremen-Nord soll die Aktion auf ganz Bremen ausgeweitet werden.
Bis dahin sind die Vertreter aus Schulen, Jugendhilfeeinrichtungen und Polizei, die als Netzwerk die Abschreckungskampagne vorantreiben wollen, noch auf der Suche nach Unterstützung. „Um das Projekt ausweiten zu können, ist es auch wichtig, dass die zuständigen Ressorts zusammen arbeiten“, sagt Ludwigshausen.