Milben, die sich in die Haut bohren und dort Kanäle bauen, Kot und Eier ablegen – das klingt nicht nur ziemlich unangenehm, das fühlt sich auch so an. Juckende Bläschen und Pusteln sind die Folge von Skabies, wie die Krankheit auch heißt. „Im Prinzip ist das nicht gefährlich, sondern nur sehr nervenaufreibend“, sagt Dr. Kjell Kaune, leitender Oberarzt der Klinik für Dermatologie und Allergologie am Klinikum Bremen-Mitte.
Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Krätze-Patienten, die in der Fachklinik stationär aufgenommen werden mussten, plötzlich um das Zehnfache angestiegen. Waren es in den Vorjahren zwischen fünf und maximal zehn Fälle pro Jahre, mussten 2016 insgesamt 74 Personen mit Krätze ins Krankenhaus an der St.-Jürgen-Straße. „Mit der steigendenen Migration ist auch die Zahl der Infektionen gestiegen“, sagt Kaune. Insbesondere, wenn Menschen in großen Unterkunften zusammenleben, bestehe die Gefahr einer Ansteckung.
Gesundheitsressort sieht keine signifikante Häufung
Bei den niedergelassenen Hautärzten haben sich die Krätzefälle in den vergangenen zwei Jahren ebenfalls gehäuft, wie die Mitarbeiterin einer Praxis in Horn-Lehe sagt. Auch in der östlichen Vorstadt ist die Krankheit häufiger aufgetreten.
„Wir hatten vergangenes Jahr fast jede Woche Patienten, viel mehr als sonst“, sagt Hautarzt Dr. Ferdinand Dittrich. „Betroffen sind nicht nur Flüchtlinge, auch viele Jugendliche kommen zu uns“, so der Facharzt. Eine Erklärung dafür hat er nicht.
Laut Gesundheitsressort ist es in Bremer Einrichtungen in den vergangenen Jahren aber angeblich zu keinem nennenswerten Anstieg der Infektionszahlen gekommen. 2015 seien 106 Fälle bekannt geworden, im vergangenen Jahr 129.
„Von einem Anstieg kann nach unseren Zahlen in Bremen nicht gesprochen werden“, so Sprecherin Christina Selzer. Grundsätzlich ist Krätze nicht meldepflichtig. Nur, wenn die Krankheit in Gemeinschaftseinrichtungen vorkommt, muss das Gesundheitsamt informiert werden.
Ein Krätzefall an Oberschule in Bremen-Nord
Auch an Bremer Schulen sei Krätze bisher nur in Einzelfällen aufgetreten, sagt Annette Kemp vom Bildungsressort. In der vergangenen Woche wurde ein Fall an einer Oberschule in Bremen-Nord bekannt. Im September gab es einen Fall an einer Schule in Hemelingen, im vergangenen Sommer einen weiteren in Woltmershausen.
Insbesondere zwei Personengruppen kommen nach Kaunes Erfahrung mit Skabies in die Klinik: Flüchtlinge und Familien mit einem sozial schwachen Hintergrund. „Das heißt aber nicht, dass nicht auch jeder andere betroffen sein kann.“
Krätze überlebt außerhalb des Körpers zwei Tage
Kaune und seine Kollegen nehmen häufig auch ganze Familien stationär auf. „Es besteht sonst die Gefahr, dass sie sich immer wieder gegenseitig anstecken und ein Ping-Pong-Effekt eintritt“, sagt er. „Dann ist es sinnvoll, sie aus ihrer Wohnung rauszunehmen und die Erreger zu besiegen.“
Während die Patienten in der Klinik behandelt werden, sterben die Milben, die sich noch in ihrer Wohnung befinden, ab. „Sie überleben außerhalb des Körpers nur zwei Tage“, erklärt Kaune. Deshalb bleiben Patienten meist drei Tage in der Klinik, werden mit Permethrinsalbe behandelt, die – richtig angewendet – Krätzemilben nach mindestens acht Stunden abtötet. Bei größeren Erkrankten-Gruppen oder Menschen, die besonders stark betroffen sind, kommen auch Tabletten zum Einsatz.