Wer kennt das nicht?! Wie an einer Schnur gezogen rauscht der beleuchtete Gegenverkehr an einem vorbei – mittendrin ein Fahrzeug ohne Licht. Und man fragt sich: „Hätte ich den beim Überholen gesehen?“
Dass auch am Tage das Abblendlicht einzuschalten ist, sei in rund 20 europäischen Staaten gesetzliche Pflicht, wundert sich Manfred Fock vom Vorstand der Lilienthaler Verkehrswacht, dass dieses Gesetz hierzulande immer noch nicht Einzug gehalten habe.
Neufahrzeuge seit 2011 mit Tagfahrlicht ab Werk
„Und dabei sind wir es, die gerade osteuropäische Länder oft als etwas unterentwickelt darstellen. Aber dort fährt man mit Licht.“
Immerhin: Seit dem Jahr 2011 muss jedes neugebaute Fahrzeug ab Werk mit so genanntem Tagfahrlicht ausgestattet sein. Dabei handelt es sich um meist weißbläuliche LED-Leisten, -Ringe oder andere geometrische Formen an der Front, die Autobauer heute durchaus als Designelement anzupreisen wissen. Ganz nach dem Motto: Nur wer Xenon- oder LED-Scheinwerfer ordert, bekommt auch die schicken weißen Tagfahrleuchten statt gelblicher „Funzeln“.
Dudenhöffer: „Sicherheit wird erhöht“
„Ich glaube, die Entscheidung, Tagfahrlicht bei Neuwagen einzuführen, war richtig. Die Sicherheit wird damit erhöht und die Energiekosten und der Energieverbrauch sind dabei in Grenzen, denn es wird in der Zukunft mit LED gearbeitet“, erklärt der bundesweit anerkannte Automobilexperte Professor Dr. Ferdinand Dudenhöffer von der Uni Duisburg-Essen gegenüber unserer Redaktion.
Heckleuchten bleiben meist dunkel
Einziges Problem: Das Gros der Autohersteller programmiert seine Fahrzeuge so, dass zwar vorn das Tagfahrlicht strahlt, die Heckleuchten jedoch dunkel bleiben.
„Ich halte das für unglaublich gefährlich und glaube auch, dass viele Verkehrsteilnehmer gar nicht wissen, dass sie dann mit unbeleuchtetem Heck unterwegs sind“, sagt Manfred Fock von der Lilienthaler Verkehrswacht. Er plädiert deshalb dafür, insbesondere in Baumalleen, am besten aber generell mit eingeschaltetem Abblendlicht auf die Straße zu gehen.
Das gelte natürlich in noch stärkerem Maße für ältere Fahrzeuge, die noch nicht mit Tagfahrlicht ausgerüstet seien. „Gerade in der dunkleren Jahreszeit kann man nur deutlich an alle Verkehrsteilnehmer appellieren, auch tagsüber das Licht einzuschalten“, so Nils Linge, Sprecher des ADAC Weser-Ems.
Polizei führt verkehrserzieherische Gespräche
Nur: „Rechtlich ist es halt nicht verboten, tagsüber ohne Licht unterwegs zu sein“, erläutert Helge Cassens, Sprecher der Polizeiinspektion Verden/Osterholz. Bei Motorrädern sehe das natürlich seit langem anders aus.
Cassens erklärt, dass seine Kollegen Autofahrer bei schlechteren Sichtverhältnissen durchaus auch anhielten, sofern sie unbeleuchtet unterwegs seien. „Dann führen wir zumindest ein verkehrserzieherisches Gespräch.“
Lichtsensor erkennt keinen Nebel
Zudem weist er besonders auf die Problematik Nebel hin: „Den erkennt der Lichtsensor im Auto nicht. Da sollten sich Autofahrer also nicht zu sehr auf die Technik verlassen, sondern selbst das Abblendlicht einschalten.“
Professor Dr. Ferdinand Dudenhöffer sieht derweil keinen Anlass für ein gesetzliches Gebot, tagsüber Abblendlicht einzuschalten. Die modernen Tagfahrleuchten seien Fortschritt genug. Die damit noch nicht ausgerüsteten „alten Fahrzeuge gehen ja Stück für Stück aus dem Markt und nach meiner Einschätzung ist diese Übergangszeit ‚verkraftbar‘“.