Die Stagnation der Bautätigkeit während des Ersten Weltkrieges hatte zu einer Verknappung von Wohnraum geführt. Besonders preiswerte Arbeiterwohnungen standen kaum zur Verfügung. Die Stadt wollte diesen Mangel mit einem groß angelegten Bauprogramm beheben.
Als Bauland hierzu bot sich Düsternort an, ein weitläufiges Areal, das aufgrund eines 1902 gefassten Magistratsbeschlusses nach und nach angekauft und in das Eigentum der Kommune übergegangen war. Vor allem im südlichen Bereich der Düsternortstraße und ihren Nebenstraßen sollten zahlreiche Wohnungen für Bedürftige entstehen.
Einheitlicher Bebauungsplan für Düsternort
Ein einheitlicher Bebauungsplan war nach dem Konzept des ehemaligen Rüstringer Stadtbaurats Hahn aufgestellt worden. Errichtet werden sollten unter bewusster Vermeidung von Massen-Mietshäusern in der Hauptsache Ein-, Zwei- und Vierfamilienwohnhäuser mit hellen luftigen und gut besonnten Räumen.
Stadtarchitekt Fritz Drieling erstellte die Entwürfe für alle Haustypen, deren Aussehen durch tief heruntergezogene Dächer, teilweise aufgesetzte Treppengiebel und Fensterläden geprägt wurde. Es gab Konsolen, die die Giebel trugen, Aufhängungen für Blumenkästen unter den Fenstern, Strebepfeiler an den Eingangstüren und eine Vielzahl weiterer liebevoller Details.
Wegen der Grundwasserproblematik wären die Herstellungskosten für Vollkeller hoch gewesen. Man beschränkte sich deshalb auf kleine Kellerräume, die lediglich zur Lagerung von Kartoffeln genutzt werden sollten. Vor den Häusern wurden durchweg Vorgärten angelegt, mit Hecken und einheitlichen Pforten zur Straße hin abgegrenzt.
Bauarbeiten begannen 1922
Im Jahr 1922 begannen die Bauarbeiten auf 36 Grundstücken. Zuerst wurden die Häuser an der Düsternort- und Jägerstraße, dann an der Danziger, Lothringer, der Elsässer, der Memeler und der Bürgermeister-Koch-Straße fertiggestellt.
Die Benennung der Straßen nach heute französischen und polnischen Städten und Regionen sollte damals an den Verlust dieser Orte durch die Bestimmungen des Versailler Friedensvertrages erinnern. Bis 1930 entstanden insgesamt 1.200 Wohnungen, von denen 400 im Eigentum der Stadt waren, 400 mit Hilfe von Baudarlehen errichtet, und der Rest von den Industriebetrieben als Werkswohnungen oder als Privatbauten erstellt worden waren.
Nach dem Zweiten Weltkrieg spülte die Flut von Vertriebenen und Flüchtlingen mehr als 16.000 Menschen nach Delmenhorst, die integriert und untergebracht werden mussten. Ab 1950 erlebte der Stadtteil Düsternort deshalb seinen zweiten großen Bauboom. Viele der Neubürger fanden hier im Stadtsüden in Mehrfamilien-Wohnblocks ein neues Zuhause.