Man steht an der Kasse, irgendeine dreiste Flachzange drängelt sich vor und wird dabei auch noch unverschämt – mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht das schlimmste Stress verursachende Szenario, dennoch ist es anstrengend.
„In der Regel lassen sich derartige Stress-Momente über bewusste Steuerungsmechanismen entschärfen“, sagt Prof. Dr. Jens Reimer, Leiter des Zentrums für psychosoziale Medizin in Bremen.
Nervosität, Unruhe, Schlafstörungen
Man könne sich bewusst dafür entscheiden, sich nicht den ganzen Tag über genannten Vorfall aufzuregen, weil er ja eigentlich keine Relevanz für den weiteren Lebensverlauf habe.
Anders sieht es aus, wenn diese Mechanismen nicht mehr funktionieren, wenn berufliche und soziale Anforderungen zu viel werden und man einem dauerhaften Stress ausgesetzt ist. Langfristig kann das auch gesundheitliche Probleme mit sich bringen.
Betroffene würden häufig unter Nervosität, Unruhe, Schlafstörungen, Ängsten und Depressionen leiden. Auch gesundheitsgefährdendes Verhalten wäre eine Folge davon.
Spannung und Entspannung
Beispiel: Zum Einschlafen muss abends Alkohol getrunken werden, nach dem Aufstehen literweise Kaffee, um während des Tages funktionieren zu können. In solchen Fällen sei die Balance zwischen Spannung und Entspannung gestört oder gar nicht mehr gegeben, so Reimer.
Neben diesen psychischen Auswirkungen gebe es physische Risiken bei kontinuierlichem Stress. Darunter: Bluthochdruck, Herzinfarkte sowie Schlaganfälle.
Es gebe aber auch Taktiken, besser mit Stress umzugehen, sagt Reimer. Hilfreich sei es, das Leben neu zu organisieren und eine Ordnung zu schaffen.
Man sollte sich fragen: „Was ist mir wichtig? Wie oft komme ich eigentlich dazu, das auch umzusetzen und wie kann ich das zukünftig am Besten tun?“
„Wir sehen eine steigende Inanspruchnahme“
Von folgendem Denken rät der Mediziner ab: „Ich stecke zwar in diesem Hamsterrad und komme da auch alleine nicht raus, aber ich muss da trotzdem durch.“
Allerdings würden viele Bremer Letzteres auch nicht mehr tun und bei psychischen Erkrankungen, wie Depressionen, professionelle Hilfe suchen: „Wir sehen eine steigende Inanspruchnahme“, berichtet Reimer.
Das sei vor allem aber auch mit einem wachsenden Verständnis für psychische Erkrankungen in der Gesellschaft zu erklären: „Früher hat man wenig oder gar nicht über diese Erkrankungen gesprochen. Das hat sich geändert. Und es wenden sich jetzt deutlich mehr Menschen an uns.“