Wenn ein Neugeborenes außerhalb von Kliniken zur Welt kommen soll, müssen Eltern aus dem Landkreis inzwischen bei Hebammen in Bremen anfragen. Foto: pv Wenn ein Neugeborenes außerhalb von Kliniken zur Welt kommen soll, müssen Eltern aus dem Landkreis inzwischen bei Hebammen in Bremen anfragen. Foto: pv
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Hebammen-Mangel: Schwere Geburt im Landkreis

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Hebammen im Landkreis arbeiten mittlerweile „wie am Fließband“, so die Gleichstellungsbeauftragte Bianca Lankenau. Der Kreisfrauenrat will nun Lösungen auf den Tisch bringen.

„Die Samtgemeinde Thedinghausen hat im vergangenen Jahr selbst ihre letzte Hausgeburtshebamme aus Riede verloren“, bedauert Bianca Lankenau, Gleichstellungsbeauftragte.

Es gebe auf dem Land praktisch keine Möglichkeit mehr für eine Geburt außerhalb der Klinik. Da brauche es schon großes Glück und eine sehr frühzeitige Anmeldung bei Bremer Geburtshelferinnen, die manchmal noch raus in den Landkreis führen, sagt Lankenau.

Galten schwangere Frau in den Städten mit großen Geburtsklinikzentren einst als gut versorgt, müssen Hebammen inzwischen auch dort „wie am Fließband“ arbeiten.

Kliniken überlegen, ob sie Geburtenstation öffnen können

„Es rufen auch Frauen verzweifelt bei mir an. Flächendeckend haben wir zu wenige Kolleginnen“, sagt Veronika Bujny, Vorsitzende des Niedersächsischen Hebammenvebandes, zu.

Teilweise würden Kliniken überlegen, ob sie die Geburtenstationen am Wochenende überhaupt öffnen können, weil es zu wenig Personal gibt.

Dass sich die Hebamme Andrea Müller ihren Berufswunsch gut überlegen sollte, haben vor allem Familie und Freunde immer wieder betont. Die Geburtshelferin konnte ihre Ausbildung trotz Widerständen dieses Jahr beenden.

25 Prozent der Hebammen gehen in den Ruhestand

„Ich weiß jetzt, dass wir im Landkreis nur wenige Kollegen sind. Im Moment kann ich noch gerade so Frauen übernehmen. Man merkt, dass die Arbeitsbelastung mehr wird“, erklärt die 25-jährige Berufsanfängerin.

„Die zu kurze Verweildauer im Beruf und die viel zu geringe Zahl der Ausbildungsplätze führen zu einer Mangellage, deren Spitze noch nicht erreicht ist“, heißt es in einem Bericht des Hebammenverbandes.

In den nächsten acht Jahren sollen demnach weitere 25 Prozent der Hebammen in Niedersachsen in den Ruhestand gehen.

Kreißsäle mit 3.000 Überstanden

„Das heißt im Klartext, der durch teure Versicherungsprämien unattraktiv gewordene Beruf mit einem Nettoarbeitsstundenlohn von unter zehn Euro wird weiter ausgehöhlt. Viele Hebammen können aus Kostengründen nur noch in Teilzeit arbeiten“, sagt die Frauenbeauftragte Lankenau.

Der Hebammenverband kritisiert: „Die derzeitige Anzahl der Ausbildungsabschlüsse in Niedersachsen ist deutlich unter dem Bedarf. „Die Arbeitsbedingungen müssen stimmen, die Teams müssen gestützt werde“, sagt die Vorsitzende des Niedersächsischen Hebammenvebandes.

Sie kenne Kreißsäle, die 3.000 Überstunden vor sich herschieben. Für den Landkreis müsse deswegen 160 neue duale Studienplätze pro Jahr besetzt werden und das an mindestens vier verschiedenen Studienorten.

„Jeden Tag erlebe ich in meinem Beruf was Aufregendes“

Es müsse auch versucht werden mehr Menschen für die Ausbildung zu begeistern, die dann länger den Job ausfüllen. Die junge Hebamme Müller ist meistens die letzte Geburtshelferin, die von werdenden Eltern angerufen wird, weil sie noch neu im Beruf ist.

Doch trotz der schlechten Situation freut sie sich, ihr Wissen weitergeben zu können, wenn sie die Zeit dazu hat. Momentan betreut sie zwei Geburten im Monat und arbeitet zu 80 Prozent Vollzeit in der Aller-Weser-Klinik in Verden.

„Was ich besonders an dem Beruf mag: Es nicht wie ein Bürojob. Jeden Tag treffe ich auf neue Menschen, jeden Tag höre ich andere Geschichten, die dahinter stecken. Jeden Tag erlebe ich in meinem Beruf was Aufregendes“, sagt die 25-Jährige.

Kreißfrauenrat sucht nach Lösungen

Der Kreisfrauenrat tagt am Donnerstag, 9. November ab 15.30 Uhr im Renaissancesaal des Schlosses Erbhof. Bianca Lankenau lädt Interessierte dazu ein, mit ihren Vorschlägen mitzuwirken. Die Veranstalter bitten um eine Anmeldung bis Montag, 6. November, unter gleichstellung@thedinghausen.de

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