Weser Report: Als Sie den neuen Posten als Bremen-Nord-Beauftragter inne hatten, haben Sie einmal gesagt, dass man im Bremer Norden dicke Bretter bohren müsse. Haben Sie denn schon ein Brett durchgebohrt?
Martin Prange: Man bohrt ja nie alleine, es bohren viele mit. Viele Sachen gehen gut voran. Ich finde zum Beispiel, dass die Entwicklung beim Haven Höövt wunderbar ist, wenn sie so zum Abschuss gebracht wird. Ich finde das, was sich rund um die Grohner Düne tut, Mut machend ist. Ich freue mich, dass sich der Industriepark so erfolgreich entwickelt. Und ich finde, was sich im Blumenthaler Zentrum an Verkehrsmaßnahmen tut, sehr positiv. Nichts von alledem würde ich für mich in Anspruch nehmen. Da haben viele mitgewirkt.
Gibt es Projekte, bei denen Sie am Anfang davon ausgegangen sind, dass sie schneller vorangehen?
Ganz prinzipiell wünscht man sich, dass vieles schneller geht. Manche Mühlen mahlen sehr langsam. Daran muss sich gewöhnen.
Denken Sie dabei an ein bestimmtes Projekt?
Den Ausbau der Kindergärten hätte ich mir schneller gewünscht. Aber da kann ich dem Ressort keinen Vorwurf machen. Manche Prozesse dauern, aber da ist die Situation besonders drängend. Eltern, die ihre Kinder anmelden, erwarten, dass ihre Kinder auch einen Platz bekommen und das völlig zu Recht.
Sie haben eben schon gesagt, dass immer viele Menschen dazu gehören, wenn etwas umgesetzt wird. Wie kann man sich denn Ihre Arbeit als Nord-Beauftragter konkret vorstellen?
Da gibt es keinen Geschäftsverteilungsplan, sondern man spricht mit vielen Menschen in Bremen-Nord. Ich weiß mittlerweile ganz gut, an welchen Stellen der Schuh drückt und versuche zu helfen und die Ressorts zu ermutigen, das eine oder andere anzuschieben. Ich nehme mal das Beispiel Ganztagsschulen. Da war der Bremer Norden lange Zeit nicht auf Rosen gebettet. Dass der Senat jetzt den Schwerpunkt beim Ganztags-Ausbau auf den Bremer Norden legt, freut mich natürlich sehr. Und wenn ich dazu beitragen konnte, freut mich das auch.
Beim Ganztags-Ausbau ist ja der Knackpunkt, dass es gewollt ist und Schulen das auch annehmen. Dann droht aber das Ganze an fehlenden Räumen zu scheitern: Es fehlen Mensen oder zusätzliche Räume, um Ganztagsangebote durchzuführen.
Da sprechen Sie einen Punkt an, der uns gerade Schwierigkeiten bereitet. Der Staat baut an so vielen Stellen so viel wie noch nie zu vor. Wir haben allein im vergangenen Jahr 2.000 Kindergartenplätze geschaffen. Und dann muss unsere für den Bau zuständige Gesellschaft Immobilien Bremen Prioritäten setzen, weil man nicht alles auf einmal schaffen kann. Deswegen ist es im Einzelfall manchmal schwierig, Sachen umzusetzen.
Wie viel können Sie denn aktiv beisteuern? Sie haben ja eher eine Vermittlerrolle.
Ja, das ist so. Ich habe für diese Sachen keinen eigenen Topf und kein eigenes Personal. Ich kooperiere mit den Ressorts und versuche mich dort konstruktiv einzubringen. Wenn man sich mal anschaut, was die Ressorts im Bremer Norden machen, ist das schon beachtlich. So ist der Bezirk zum Beispiel Schwerpunkt für die Gesundheitssenatorin, wenn es um die Schulkrankenschwester-Frage geht. Also wie bekommt man qualifiziertes Personal zur Prävention an Grundschulen? Auch das Bauressort hat einen klaren Fokus auf den Bremer Norden, wenn es um die Entwicklung von Wohngebieten geht. Das Wirtschaftsressort und die Wirtschaftsförderung kümmern sich um verschiedene Aspekte, wie zum Beispiel das Naherholungskonzept. Das ist ein echter Gewinn. Das heißt nicht, dass ich mit allem zufrieden bin. Ich verstehe auch, dass die Leute vor Ort sagen, warum kann man nicht noch mehr machen?
Wo sehen Sie Probleme?
Der Bremer Norden ist der Stadtbezirk, der sich am dynamischsten entwickelt. Das hätte vor drei Jahren niemand gedacht. Damals ging die Debatte um die Frage: Ist es ein schrumpfender Stadtbezirk oder nicht? Die ganzen Leerstände insbesondere in Vegesack und Blumenthal wurden nach und nach gefüllt – mit entsprechenden Problemen, die damit einhergehen, weil zum Beispiel Kindergarten- und Schulplätze benötigt werden. Und dass es sich bei dem Zuzug überwiegend um Menschen handelt, die keine deutsche Herkunft haben, ist auch bekannt. Auch daraus ergeben sich Anforderungen.
Das Integrierte Struktur- und Entwicklungskonzept (ISEK) für Bremen-Nord soll auch über diese Anforderungen Aufschluss geben und Lösungen entwickeln. Wie weit ist das Konzept?
Die Ressorts arbeiten daran, es gibt eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe, die sich damit beschäftigt. Auch die Handelskammer und die Arbeitnehmerkammer sind im Boot. Ein Entwurf liegt jetzt vor und soll im Frühjahr in den Beiräten zur Diskussion gestellt werden.
Was erhoffen Sie sich denn von dem ISEK?
Schon die Arbeit zum Konzept hat dazu gedient, die Fokussierung bei den Ressorts auf den Bremer Norden zu richten. Allein der Prozess ist ein Gewinn. Wir haben mit dem Konzept ein Material, das wir gut in die Zukunftskomission einspeisen können. Bei der Zukunftskomission geht es ja darum wie sich Bremen in den Jahren ab 2019/2020 aufstellt – wenn es auch wieder anderen finanzielle Möglichkeiten gibt. Und wenn man da ein paar zusätzliche Ideen hat, wie man dieses Geld im Bremer Norden ausgegeben kann, dann kann das nicht schaden.
Warum braucht gerade Bremen-Nord so ein Konzept?
Der Bremer Norden ist in besonderer Weise vom Strukturwandel betroffen gewesen. Der Zusammenbruch der Vulkan-Werft, bei der Bremer Wollkämmerei und der Steingut – das sind die Stichworte für den Bremer Norden. Das wirkt bis heute noch. Deswegen unterscheidet sich die Struktur im Bremer Norden von denen in der Stadt. Deswegen gibt es eine höhere Arbeitslosigkeit und auch weniger Arbeitsplätze. Und das rechtfertigt, einen besonderen Fokus auf den Bremer Norden in einer gemeinsamen Aktion mit allen Ressorts.
Wie kann man denn den Bezirk für Firmen attraktiver machen, um wieder mehr Arbeitsplätze vor Ort zu schaffen?
Der Bremer Norden ist schon an vielen Stellen sehr attraktiv für Firmen, zum Beispiel mit dem Gewerbegebiet auf dem Gelände der Bremer Wollkämmerei. Ich glaube uns bleibt nichts anderes als das, was schon gemacht wird: Man geht mühsam von kleiner Firma zu kleiner Firma. Wenn es das große Industrieunternehmen gibt, das sich ansiedeln will, soll es an mir nicht scheitern. Bis dahin ist es aber ein weiter Weg. Bremen-Nord hat aber schon viel zu bieten und das muss auch mal in den Vordergrund rücken: Der Bremer Norden ist der Ort der Weltmarktführer. Dort sind mittelständische Familienunternehmen, die weltweit eine große Rolle spielen. Man darf das Licht nicht unter den Scheffel stellen.
Was beeindruckt Sie denn noch am Bremer Norden?
Der Bremer Norden ist landschaftlich einmalig schön. Es gibt nirgendwo so viele dicht aneinander gereihte Parklandschaften. Es gibt nirgendwo so schöne Wasserwelten. Aber am allermeisten beeindruckt mich das Engagement der Menschen im Bremer Norden. Ich glaube, es gibt nirgendwo so eine Dichte an Vereinen, Initiativen und Menschen, die sich nach Feierabend ehrenamtlich engagieren. Auch wenn es meine Arbeit nicht immer einfach macht, weil ich mit vielen dieser Menschen zu tun habe und sie durchaus fordernd sind. Aber das freut mich.