Mehr als 150 interaktive Tafeln gibt es in Bremen bereits. Jüngst wurde auch das Berufsbildungswerk in Horn mit Whiteboards ausgestattet. Ein solches stellt Christel Flohr hier vor. Foto: Schlie
Digitalisierung

Wenn die Schulnoten bald per App kommen

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Bremen strebt eine umfangreiche Digitalisierung des Unterrichts an. Bis zu einer Million pro Jahr sollen im Rahmen von IT-Investitionen in die Schulen fließen. Gegner sehen das als "gefährlichen Irrweg" an.

Die digitale Welt verändert den Schulunterricht radikal. Entsprechende Kompetenzen werden zur zentralen Voraussetzung für soziale Teilhabe. „Sie sind zwingend erforderlich für einen erfolgreichen Bildungs- und Berufsweg“, sagt Bildungssenatorin Claudia Bogedan.

Und in dieser Hinsicht steht Bremen, anders als bei PISA, ihren Angaben zufolge im Bundesländervergleich nicht so schlecht da. Laut einer Studie der Deutschen Telekom Stiftung 2017 immerhin im Mittelfeld.

2,7 Millionen Euro für Breitband und WLAN

„So ist Bremen beispielsweise das erste Bundesland, in dem alle Schule eine einheitliche digitale Lernplattform namens itslearning nutzen können“, sagt Ressortsprecherin Annette Kemp. Und weiter: „Zirka 150 interaktive Tafeln dürften im Einsatz sein. Genaue Zahlen liegen uns nicht vor, weil diese Smartboards von den Schulen beschafft werden, etwa eine Million Euro wird jährlich in die schulische IT-Infrastruktur investiert.“

Zusätzlich seien in den vergangenen beiden Haushaltsjahren 2,7 Millionen Euro in die Breitbandanbindung und den WLAN-Ausbau aller weiterführenden Schulen geflossen.

In „Bremen noch Luft nach oben“

„Die Grundschulen hinken aber in der Regel hinterher“, kritisiert Christian Gloede, Landesvorstandssprecher der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Julie Kohlrausch, bildungspolitische Sprecherin der Bremer FDP-Fraktion, findet auch, dass „Bremen noch Luft nach oben“ hat.

„Wir haben uns auf der Didacta, der größte Fachmesse für Bildungswirtschaft in Europa, die aktuellen Modelle zur Ausstattung der Klassen mit Smart-Bords angeschaut. Angesichts der Kosten, die bis zu zehnmal so hoch sind wie die für eine Standarttafel, ist abzusehen, dass wir noch lange Entwicklungspotenzial in diesem Bereich haben werden.“

Dennoch geben die genannten Entwicklungen Bildungssenatorin Claudia Bogedan recht.

Kontrolle nicht immer gegeben 

Mathias Pasdzior, Jahrgangsleiter am Kippenberg Gymnasium, ist ebenfalls ein absoluter Verfechter dieser zukunftsweisenden Lernform. Er selbst hat mit einer Laptopklasse der siebten Jahrgangsstufe gute Erfahrungen gesammelt.

„Doch natürlich stoßen wir beim Einsatz der technischen Hilfsmittel auch auf Probleme. Abgeschrieben wurde schon immer, aber so stellt sich eben manchmal die Frage des Copyrights“, sagt er. Zudem habe man nicht immer die Kontrolle, wer eine gewisse Arbeit verfasst hätte.„Natürlich merkt man, ob ein Elternteil oder ein Neunjähriger Autor eines Textes ist.“

Pasdzior: Vorteile überwiegen

Für Pasdzior überwiegen aber eindeutig die Vorteile – vor allem auch für die Lehrer. „Die Vorbereitung des Unterrichtes und der Austausch von Lehrmaterialien ist deutlich einfacher.“ Er nutzt sogar eine App, die ihm bei der Beurteilung von Schülern hilft. „Ich gebe beispielsweise Smileys ein und die Software zeigt mir eine Leistungskurve an.“

Dennoch bekommt er manchmal Wind von vorne, vereinzelt von Kollegen, manchmal von Eltern. „Doch wir müssen Kinder auf die Welt von Morgen vorbereiten obwohl wir aus dem Gestern kommen“, betont er.

Hofmann: Digitalisierung als gefährlicher Irrweg

Dass die Kreidezeit, also die der grünen Tafeln, vorüber geht, passt anderen wiederum so gar nicht. Sönke Hofmann, Geschäftsführer des Naturschutzbund (Nabu) sieht die „drohende Digitalisierung als gefährlichen Irrweg“.

Es müsse eine beispiellose Anstrengung und Kooperation der Schulen mit Umweltverbänden und Sportvereinen geben. „Wir müssen den Lehrern wieder das Wissen und Handwerkszeug für Unterricht in der Natur geben.“

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