Qua Definition seien sie gar keine Flüchtlinge, diejenigen, die es in ihre Heimatländer zurückzuführen gelte. Andreas Mattfeldt (CDU) hatte sich einen Sachkundigen an die Seite geholt, als er gestern Abend im Hotel Rohdenburg vor rund 40 Zuhörern über eine große Kraftanstrengung sprach: Gia Thien Nguyen arbeitet im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sowie im Innenministerium.
Flüchtlinge seien nur diejenigen, deren Asylantrag anerkannt wurde, so Nguyen. Er nannte die Zahl von 600.000 abschlägigen Bescheiden, zurzeit gäbe es 230.000 Ausreisepflichtige im Land, davon könnten 65.000 Menschen aber nicht abgeschoben werden, weil ihnen ein Pass fehle. In Niedersachsen leben 783.368 Flüchtlinge, von denen 22.081 ausreisepflichtig seien. Etwa 17.000 davon würden von einer Duldung profitieren.
Experte will neuem Minister „Giftliste“ vorlegen
Nguyen will Vollzugdefizite aufdecken und hat für seinen neuen Minister eine Giftliste im Schreibtisch, die er zu gegebener Zeit vorlegen will. Für ihn sind „der Föderalismus und einige persönliche Egos“ Schuld an der zu geringen Anzahl ausgewiesener Personen. Bremen zum Beispiel sei stolz, auch in diesem Punkt die rote Laterne zu tragen, in Niedersachsen sei es aber nicht viel besser. Um Ausreisepflichtige in Abschiebehaft zu nehmen würde es zudem an Plätzen mangeln, der Zahl von 230.000 ständen gerade 400 gegenüber. Man strebe zurzeit eine Gesetzesänderung an, danach könnten auch Zellen in Justizvollzuganstalten genutzt werden.
Woanders werde konsequenter abgeschoben, auch in Krisenländer wie nach Afghanistan. Nguyen nannte Pakistan mit 600.000 Abschiebungen in Richtung Kabul oder die Türkei mit zuletzt 2.000 Ausweisungen. Allerdings: Um zehn Afghanen per Charterflug in ihre Heimat zu transportieren entständen Kosten in Höhe von bis zu 500.000 Euro. Das liege auch daran, dass der Flug von rund 100 Polizisten begleitet werde. In den Amtsstuben, und Nguyen zählt für die 16 Bundesländer rund 600 Ausländerbehörden, fehle es am Willen, nichtbleibeberechtigte Ausländer abzuschieben. Ein Problem seien auch die Christengemeinden, die manch Ausgewiesenem durch Kirchenasyl beschützen.
„Staat muss wieder durchsetzungsfähig werden“
Mattfeldt fordert ein Zuwanderungsgesetz, aber auch die Abschiebung derer, die sich unberechtigt im Land aufhalten. Der Staat müsse wieder durchsetzungsfähig werden. Darauf, dass er sich in diesem Punkt schon mit der Bundeskanzlerin angelegt hatte, ist Mattfeldt stolz. Er wolle keinen Kuschelkurs, sondern offen mit den Menschen reden.