Die Studentinnen Caroline Rehbock, Miriam Frerks und Julia Ristevski siebten die Erde und verpackten gefundene Scherben und Metallteile in Plastiktüten. Darunter war auch ein Stück Stacheldraht, das wahrscheinlich einst der Sicherung des Lagers gedient hat. Fotos: Barth
Gröpelingen

Ausgrabungen: Überraschungen im Erdreich

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Bremer Studenten graben Reste von KZ-Baracken an der Bromberger Straße in Gröpelingen aus. Dabei stießen sie auf Befunde, die die Geschichte revidieren könnten und fanden eine alte Metalldose mit mysteriösem Inhalt.

Archäologie-Studenten bekommen nicht oft die Gelegenheit, an Lehrgrabungen teilzunehmen. Erst zum zweiten Mal seit ihrem Amtsantritt vor zehn Jahren hat Landesarchäologin Uta Halle das Angebot machen können.

„Meistens graben wir auf Baustellen, das ist für Studenten zu gefährlich“, erklärt sie. Anders die Situation auf dem Gelände des Schützenhofs an der Bromberger Straße in Gröpelingen. Auf einer unbebauten Fläche vermutete die Wissenschaftlerin aufgrund von Luftbildern die Reste einer Zwangsarbeiter-Baracke aus dem Zweiten Weltkrieg.

Schützenhof stand vermutlich woanders als ursprünglich angenommen 

Seit Ende April sind die Studierenden dort mit der Landesarchäologin und Grabungstechniker Jan Geider am Buddeln. Die Vermutung erwies sich als richtig. Bis sie fündig wurden, dauerte es nicht lange.

„Wir haben mehr Befunde als uns lieb ist und als wir erwartet haben“, sagt Halle. Das könnte am Ende sogar dazu führen, dass die Chronik des Schützenhofs umgeschrieben werden muss. Die entdeckten Mauerreste legen die Vermutung nahe, dass der 1943 zerbombte und ausgebrannte Schützenhof nicht an der Stelle des heutigen Heims der Bremer Schützengilde gestanden hat, sondern ein paar Meter weiter.

600 bis 700 KZ-Häftlinge

Das ist aber nur ein Nebenaspekt der Forschung. Eigentlich geht es den Studenten um die Zeit ab dem Spätherbst 1944. Da war auf dem Gelände des Schützenhofs ein Außenlager des Konzentrationslagers Neuengamme errichtet worden.

600 bis 700 KZ-Häftlinge brachten die Nationalsozialisten dort unter. Sie mussten Zwangsarbeit bei der AG Weser und bei der Trümmerbeseitigung leisten. In den wenigen Monaten des Bestehens kamen 267 Menschen ums Leben.

Am 7. April 1945, einen Monat vor der Befreiung durch britische Truppen, wurden die jüdischen KZ-Häftlinge auf einen Todesmarsch nach Bergen-Belsen geschickt, die anderen verlegte man ins Stammlager Neuengamme.

„An der Stelle machen wir nicht weiter“

Nach dem Krieg nutzte man die Baracken, von denen einige heute in umgebauter Form noch stehen, als Wohnungen für ausgebombte Bremer Familien. Aus dieser Zeit stammt auch einer der spektakulärsten Funde der Studenten: eine zwischen 1949 und 1959 produzierte Nivea-Dose.

Aufregung dann am Freitagnachmittag: Die Studenten stießen auf eine metallische Hülle mit weißem Inhalt. „An der Stelle machen wir nicht weiter“, entschied Halle, während der Grabungstechniker routiniert die Nummer des Kampfmittelräumdienstes wählte.

Die Grabungsergebnisse sollen am Tag des offenen Denkmals, 9. September, 14 bis 17 Uhr, auf dem Gelände des Schützenhofs ausgestellt werden.

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