Jerome Gondorf spielte nur eine Saison bei Werder. Foto: Gumzmedia
Interview

Gondorf: „Absolutes Highlight meiner Karriere“

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Obwohl Ex-Werderstar Jerome Gondorf bei seinem derzeitigen Club, dem SC Freiburg, sehr zufrieden ist, schwärmt er von seiner Bremer Zeit. Seiner Freiburger vor warnt er vor dem Spiel am kommenden Sonntag vor Max Kruse.

Jerome Gondorf ist gut gelaunt. Aus gutem Grund: Der Muskelfaserriss ist ausgeheilt und der Mittelfeldspieler des SC Freiburg rechtzeitig fit für das Heimspiel am Sonntag (15.30 Uhr) gegen seinen Ex-Club Werder Bremen.

Für die Grün-Weißen spielte der 30-Jährige zwar nur eine Saison, bezeichnet diese Zeit aber trotzdem als „ein absolutes Highlight meiner Karriere“. Im Sommer wechselte der Ex-Darmstädter in den Breisgau und hat in sechs Bundesliga-Spielen zwei Treffer erzielt.

Im Gespräch mit der „DeichStube“ erklärt Gondorf, warum er nicht länger in Bremen geblieben ist, worin sich die Trainer Florian Kohfeldt und Christian Streich unterscheiden und warum Max Kruse weiter Nutella essen sollte.

Herr Gondorf, vor knapp einem Jahr sind Sie als „Blondorf“ im Duell Werder gegen Freiburg aufgelaufen. Auf welchen besonderen Look können sich die Fans am Sonntag freuen?

Jerome Gondorf: (lacht) Auf keinen, dieses Jahr gibt es nichts Besonderes. Ich bin mit meiner echten Haarfarbe ganz zufrieden.

Bereuen Sie etwa den Blondorf?

Gondorf: Nein, überhaupt nicht. Das passte an dem Tag doch ganz gut, weil ich nicht nur farblich, sondern auch sportlich aufgefallen bin – und das war mir natürlich viel wichtiger.

Sie wurden damals erstmals bei Werder als Zehner aufgeboten und haben prompt zwei Vorlagen zum 3:2-Sieg im Pokal beigesteuert. Ist das Ihre Lieblingsposition?

Nein, ich bin schon lieber Sechser oder Achter, weil ich gerne viele Ballaktionen habe und mir auch defensiv für nichts zu schade bin. Aber es hat Spaß gemacht.

Worin unterscheidet sich das Bremer vom Freiburger Spiel?

Florian Kohfeldt will in dieser Saison mit seiner Mannschaft den nächsten Schritt machen. Das bedeutet noch mehr Ballbesitz, aber gleichzeitig auch, dass es blitzartig nach vorne gehen soll. Das alles mit besonderen Raumaufteilungen, die Florian sehr wichtig sind. Auch unser Trainer Christian Streich arbeitet sehr akribisch. Aber wir sind von der Kaderbreite sicher ein Stück weit schlechter aufgestellt als Werder. Da muss man sich nur die Marktwerte der einzelnen Spieler angucken. Deswegen geht es bei uns um den Klassenerhalt und Werder will eben nach Europa. Aber eines eint beide Teams: Wir gehen immer auf den Platz, um zu gewinnen.

Was unterscheidet den mit 53 Jahren schon sehr erfahrenen Trainer Streich denn vom noch jungen Coach Kohfeldt (36)?

Das ist schwierig zu beschreiben. Für Florian wird entscheidend sein, wie er mit dieser Situation nach drei Niederlagen umgeht. Wie kommst du aus diesem kleinen Tief wieder heraus? Ziehst du die Zügel strammer? Hältst du den Spaßfaktor trotzdem hoch? Ich habe großes Vertrauen in Florian und bin mir sicher, dass er die richtigen Antworten finden wird – hoffentlich aber erst nächste Woche.

Und wie ist Christian Streich?

Er ist als Mensch und Trainer einfach sehr spannend. Man spürt seine Erfahrung. Er holt mit seinem Trainerteam einfach das Maximale aus der Mannschaft heraus, das hat er schon so oft nachgewiesen. Dabei wird viel mit der Mannschaft kommuniziert. Wir analysieren die Spiele gemeinsam, funktionieren auch da als Team.

Werden Sie ihm Tipps geben, wie Werder zu knacken ist?

Mal schauen. Es wäre jedenfalls falsch zu glauben, dass Werder durch die Niederlagen nun weniger Selbstvertrauen hat. Ich weiß noch genau, wie wichtig es Florian ist, dass man nur so vor Selbstvertrauen strotzt. Dafür wird er alles geben. Wir müssen uns aber auch nicht kleiner machen, als wir sind, sondern sollten an uns glauben. Wir sind immer für ein, zwei Tore gut, und hinten muss die Null stehen.

Was haben Sie aus dem einen Jahr Bremen mitgenommen?

Es war ein absolutes Highlight meiner Karriere, für einen so großen Club zu spielen. Ich bin dadurch sportlich, aber auch menschlich gereift.

Sie haben sich dann trotzdem für die Familie entschieden. Zahlt es sich jetzt wirklich aus, dass die Eltern, die vier Brüder und die Schwester nur 140 Kilometer von Freiburg entfernt in Karlsruhe leben?

Es ist absolut super. Wenn ich trainingsfrei habe, bin ich in 75 Minuten da. Von Bremen aus brauchte ich über fünf Stunden. Meine Familie ist auch oft hier. Die Kleine kann jetzt in der Heimat in den Kindergarten gehen, da müssen wir sie nicht mehr aus ihrem gewohnten Umfeld reißen. Es ist für uns alles aufgegangen.

Aber wäre es nicht spannender gewesen, um Europa zu spielen, als nur den Klassenerhalt als Ziel zu haben?

Natürlich war der Plan, den Florian Kohfeldt mit mir hatte, sehr spannend. Wir waren da in einem wirklich guten Austausch. Aber ich weiß eben auch, dass sich Situationen verändern können – wie in meinem ersten Vierteljahr bei Werder. Das war nicht leicht. Aber mit meiner Familie in der Nähe weiß ich, dass mich so etwas nicht aus der Bahn werfen kann.

Sie sind in Freiburg sofort Stammspieler geworden, wie haben Sie das geschafft?

Ganz ehrlich, da hatte ich auch etwas Glück. Meine Vorbereitung lief nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Ich kam einfach nicht so in Tritt. Janik Haberers Verletzung war mein Glück, da bin ich in die Startelf gerutscht. Danach lief es sehr gut – und dann habe ich mich selbst verletzt. Jetzt muss ich mich wieder rankämpfen. So ist das im Fußball.

Sie werden in Freiburg oft auf dem Fahrrad gesichtet, sind Sie auch ein E-Bike-Fan wie Teamkollege Nils Petersen?

(lacht) Ne, ne – ich trete schon noch selbst in die Pedale, ich brauche da keine Hilfe. Hier gibt es zwar mehr Steigungen als in Bremen, aber das geht schon.

Nils Petersen behauptet, der Anstieg zu seiner Wohnung sei einfach zu steil.

Wirklich? Also mein Berg ist auch nicht ohne – und ich schaffe es komischerweise auch (lacht). Genug Muskeln hat Nils eigentlich.

Sie sind sehr gut mit Luca Caldirola befreundet. Wie sehr schmerzt es, dass er bei Werder nur noch in der U 23 trainieren darf?

Natürlich schmerzt das. Aber es war auch vorhersehbar, falls ein Wechsel im Sommer nicht klappt. Dazu hatten sich alle Beteiligten klar geäußert. Bemerkenswert ist, wie Luca damit umgeht. Er nimmt die Situation an, gibt Gas. Luca ist ein sehr herzlicher und gutmütiger Mensch, der sich immer top verhält. Das weiß man sicher auch in Bremen. Dafür wird Luca irgendwann auch belohnt – hoffentlich schon im Winter mit einem Wechsel.

Auf welchen Ex-Kollegen freuen Sie sich am Sonntag am meisten?

Ich hoffe, Philipp Bargfrede ist wieder fit und dabei. Fin Bartels fällt leider raus, genauso wie Luca. Aber ich habe gerade noch mit Max Kruse geschrieben, wir freuen uns beide auf ein Wiedersehen. In Bremen haben wir auch privat einiges gemeinsam gemacht.

Bei Max Kruse ist in Bremen das Thema Ernährung mal wieder aufgeploppt. Hat er denn in der Kabine wirklich so viel Nutella gegessen?

In der Kabine gewiss nicht. Max war schon immer ein Wohlfühlmensch, und das muss man ihn auch sein lassen, damit er seine Leistung bringen kann. Er ist ein Freigeist, er braucht das. Natürlich ist so etwas bei ihm gleich ein Thema, erst recht, seit er Kapitän ist. Für mich ist das Quatsch, weil ich weiß, wie er tickt: Er will immer das Maximale, er kann nicht mal bei einem Spaß-Tischtennisspiel verlieren.

Diese Saison läuft es für Max Kruse aber noch nicht so gut. Ist er noch der gefürchtete Unterschiedsspieler, auf den besonders geachtet wird?

Wenn man Max außer Acht lässt, dann wird man verlieren. Ich halte extrem viel von Max. Ich habe selten einen Menschen mit so einem Raumempfinden erlebt. Er kann dem Spiel einen Rhythmus geben. Klar, er hatte schon bessere Phasen. Aber es wäre hoch fahrlässig, ihn deshalb zu unterschätzen.

Sie sind Ihr eigener Spielerberater, wäre das auch etwas für die Zeit nach der Karriere?

Eher nicht. Dann müsste es schon ein Gesamtprojekt sein, in dem man junge Sportler begleitet und zum Beispiel auch an deren Berufsausbildung denkt. Nur Berater zu sein, das kann ich mir nicht vorstellen, weil ich keine hohe Meinung von diesen Personen habe. Es gibt einfach zu viele schwarze Schafe, die nur an den Profit denken und nicht an den Menschen. Aber ich konzentriere mich jetzt erst mal auf meine eigene Karriere.

Sie sind 30, wie lange wollen Sie noch spielen?

So lange mich meine Beine tragen und ich die nötige Qualität auf den Platz bringe. Dann muss man entscheiden, ob man ein, zwei, drei Ligen runtergeht oder ganz aufhört. Aber das dauert hoffentlich noch lange bei mir.

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