Es gibt keine Farbe, die es nicht gibt. Erdal Arslan ist gut sortiert und vor allem auch gut organisiert. Foto: pv
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Der Mann mit den flinken Fingern

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Erdal Arslan ist nicht leicht zu finden. Dennoch geben sich die Kunden am Ende des Flurs im zweiten Obergeschoss von Galeria Kaufhof in Bremen die Klinke in die Hand. Dort betreibt Arslan seine Änderungsschneiderei.

Am Tresen stehen drei Kundinnen, die sich verabschieden. Und zwar alle drei unabhängig voneinander mit den Worten: „Danke, mein Retter.“ Denn der 46-Jährige hat so flinke Finger, dass er viele Aufträge binnen weniger Stunden erledigt.

An diesem Abend will eine angehende Rechtsanwältin noch rasch zwei Kleider ändern lassen. Für eine Feier am kommenden Tag möchte sie zwei Kleider zur Auswahl haben. Doch bei einem ist der Saum gerissen, das andere muss gekürzt werden.

Plötzlich kommt eine Ärztin aus Horn herein, die erst am Tag zuvor dem Schneider Kleider gegeben hat. Sie sagt sofort: „Jemand, der meine Wünsche so schnell umsetzt, ist unbezahlbar.“

Auch Aufträge von Kaufhäusern

Das wissen nicht nur Privatleute zu schätzen. Arslan lebt auch von Aufträgen großer Kaufhäuser und Modehäuser. Auch angesagte Herrenausstattern der Stadt suchen bei ihm Hilfe. „Einige haben keine eigene Schneiderei mehr, andere kommen den Anforderungen nicht nach“, sagt Arslan.

Warum er in einer One-man-Show mit partiellen Aushilfen schafft, was Konkurrenten als verflixt betrachten und nicht binnen einer Woche zugenäht bekommen? Er ist straff organisiert, hält bis zu zehn Nähmaschinen gleichzeitig am Laufen. Eine für Jeans, eine für Feines, die nächste für Arbeiten am Saum. „So muss ich mit dem Wechseln von Garn und Nadeln keine Zeit verschwenden“, erläutert er.

800 Rollen Zwirn an der Wand

Alleine 800 Rollen Zwirn in allen Farben hängen an der Wand, im Schrank lagert eine ähnliche Menge an Fäden verschiedener Machart. Zielsicher greift er stets zu den richtigen. Doch noch etwas zeichnet den fleißigen Schneider aus: Er hat seinen Beruf nie gelernt, sondern ist ausgebildeter Industriemechaniker.

Auf Anraten eines Bekannten übernahm er vor zwölf Jahren eine Schneiderei in Lilienthal. „Der Freund kam aus der Branche und hat mir dazu geraten, es sei ein sicheres Geschäft“, sagt Arslan. Er tat wie geheißen, auch wenn es mit heißer Nadel gestrickt war. Doch er hatte kompetente Mitarbeiterinnen in dem Team, das er mit dem Laden übernahm.

Chef lernt von Angestellten

„Ich glaube ich bin der einzige Chef, der von seinen Angestellten gelernt hat.“ Spricht es und löscht Punkt 18 Uhr die Lichter in seiner Nähstube. Der zweifache Vater und gebürtige Bremer fährt nach Arsten, nach Hause.

Es kann sein, dass dort weitere Arbeit auf ihn wartet. Denn seine Frau könne alles, sagt er, aber nicht mit einer Nähmaschine umgehen. „Ihre Sachen gibt sie mir dann gerne mal mit, vielleicht alleine deshalb, dass ich sie tagsüber nicht vergesse.“

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