Vater Ronald und der schwer erkrankte Nico Spahl bei einem Fotoshooting. Bis zuletzt hatte der 17-Jährige gehofft, er könne trotz des Gehirntumors weiterleben. Foto: privat
Krebserkrankung

Zurück ins Leben

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2013 kam die Diagnose, die alles veränderte. Mehr als fünf Jahre später erzählt die Familie von Nico Spahl aus Stuhr, wie sie es geschafft hat, seinen Tod zu verarbeiten.

Für die Spahls ist Nico noch immer präsent. Mittlerweile ist es mehr als vier Jahre her, dass der damals 17-Jährige den Kampf gegen einen Gehirntumor verloren hat. Seine Familie denkt fast jeden Tag an ihn – doch sie hat seinen Verlust als Teil ihres Lebens akzeptiert. Nicht zuletzt dank eines Aufenthalts in einer Nachsorgeklinik für verwaiste Familien und engem Kontakt zum Jugendhospiz Löwenherz in Syke.

Anfang 2013 hatte die Familie aus Stuhr die niederschmetternde Diagnose für Nico erhalten. Damals war er gerade dabei, ein Auslandsjahr in den USA zu planen. Sofort war klar, dass es sich um Krebs mit der schlechtesten zu erwartenden Prognose handelt. „Wir wussten alle, was das bedeutet. Sprechen konnten wir aber nicht so richtig darüber“, erinnert sich seine Mutter Andrea.

Ein Familienfoto zeigt (v.l.) Ronald, Nico, Andrea und Tessa Spahl in der Zeit vor Nicos Krankheit.Foto: privat

Hoffnung bis zum Schluss

Entgegen aller Prognosen ging es Nico aber noch lange Zeit gut, Chemotherapien und Bestrahlungen steckte er zunächst gut weg. Er zeigte von Anfang an großen Überlebenswillen und gab die Hoffnung bis zum Ende nicht auf. Nur so konnte er sich noch einige Träume erfüllen: Mit seiner Mutter reiste er nach New York mit anschließender Kreuzfahrt von Boston nach Amsterdam. Außerdem war er sehr neugierig. „Er wollte bis zum Schluss noch ganz viel verschiedene internationale Gerichte probieren, sogar Heuschrecken hat er damals noch gegessen“, sagt seine Schwester Tessa lachend.

Ab September 2014 ging es Nico dann jedoch bedeutend schlechter und sein Weg führte ihn in das Kinderhospiz Löwenherz. „Dort wurden wir sehr gut betreut. Der Aufenthalt hat ihm zuletzt noch etwas Leichtigkeit gegeben“, sagt seine Mutter. Seine Hoffnung auf ein Wunder blieb leider vergebens – am 18. November verstarb er.

Reha als Ausweg aus der Trauer

„Nico hat immer gesagt, dass er nicht vergessen werden will – er hat sogar alle Bekannten und Freunde aufgefordert, ihre Gedanken über ihn und seine Situation aufzuschreiben“, erzählt Andrea Spahl. Zudem sollte jeder aufschreiben, wie er sich den Tod vorstellt und was er Nico wünscht.

Entstanden ist so ein berührendes Buch voller Erinnerungen für seine Familie. Erinnerungen allein reichen jedoch nicht, um einen solchen Einschnitt zu verarbeiten – und so entschlossen sich die Spahls kurz vor Nicos erstem Todestag, an einer Reha für verwaiste Familien in der Tannheimer Nachsorgeklinik teilzunehmen. In der Klinik, im Schwarzwald bei Villingen-Schwenningen gelegen, treffen sie auf andere Familien, die ebenfalls ein Kind verloren haben, und nutzen in einem vierwöchigen Aufenthalt die Beratungs- und Gruppenangebote, um endlich wieder neue Kraft zu schöpfen.

Ein Buch beschreibt ähnliche Familiengeschichten

„Der Austausch mit den anderen Familien hat uns gegenseitig sehr viel Halt gegeben. Es hat uns weitergebracht und verhindert, dass die Dinge verdrängt werden“, sagt Andrea Spahl. Vater Ronald sagt: „Ich kann anderen Menschen, die solche Erfahrungen machen mussten, den Aufenthalt nur empfehlen“.

Nachlesen lassen sich die Erfahrungen der Spahls auch in einem Buch mit dem Titel „Zurück ins Leben“. Hier erzählen verschiedene Familien, die ein Kind verloren haben, ihre Geschichte. Zudem kommen viele Experten zu den Themen Verlust, Trauer und Bewältigung zu Wort. Autoren sind die Journalisten Dieter Wacker und Wilfried Dold sowie der Leiter der Verwaisten Reha, Jochen Künzel, und der Klinikgeschäftsführer und Stiftungsvorstand der Deutschen Kinderkrebsnachsorge, Roland Wehrle. „Unsere Grundidee zu dem Buch ist die Frage, was passiert, wenn ein Kind stirbt. Es soll aber kein Trauerbuch sein, sondern ein Blick nach vorne, hin zum Leben“, erklärt Wacker.

Die Erinnerung bleibt Teil ihres Lebens

Und wie geht es den Spahls heute? „Im Großen und Ganzen gut“, betont Vater Ronald. In der Zwischenzeit hat Tessa das gemacht, was ihrem Bruder Nico leider verwehrt blieb: ein Auslandsjahr in den USA. Mutter Andrea besucht häufig das Jugendhospiz „Löwenherz“. Manchmal geht auch die ganze Familie mit.

„Wir denken jeden Tag an Nico, mal intensiver und mal weniger intensiv, er ist und bleibt ein Teil unseres Lebens“, sagt Ronald Spahl.

 

Info: Das Buch „Zurück ins Leben“ von Dieter Wacker, Wilfried Dold, Jochen Künzel und Roland Wehrle ist für 19,90 Euro erhältlich. Bestellungen sind bei der Deutschen Kinderkrebsnachsorge unter Telefon 07705920182 oder unter info@kinderkrebsnachsorge.de möglich.

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