Ein Bein vorgestellt, der Körper geradeaus, der Kopf zeigt zur Seite. Tättowierungen, Muskeln, nackte Haut. So kann eine Statue aussehen. Nur, dass dieses Mal ein Mensch aus Fleisch und Blut in der Kunsthalle Bremen gerade seinen roten Bademantel abgeworfen hat und in all seiner Ursprünglichkeit in der Galerie auf einem Holzschemel steht. Drei Räume weiter ist ein Objektiv auf ihn gerichtet, es macht Klick, und Stefan Schmidbauer hat den Schuss im Kasten.
Der Fotograf ist nur einer von rund 20 Fotografen, Influencern und Bloggern, die die Möglichkeit erhalten haben, in den leerstehenden Räumen der Bremer Kunsthalle selber Kunst zu machen. Und er ist zufrieden: Die Idee, sein Model als Statue zu inszenieren, geht für ihn auf. „Heute tragen die Menschen ihre Kunst auf dem Körper. Und wo kann man das besser zeigen als in einem Museum“, sagt Schmidbauer.
Leere Kunsthalle genutzt
Für das #DieKunstMussRaus-Fotoshooting wurden 15 Ausstellungsräume im 1. Obergeschoss des Hauses zur Verfügung gestellt. Es handelt sich neben klassischen Ausstellungsräumen auch um kleine Kabinetträume (26 m²) und einen großen Galerieraum (145 m²) mit einer Raumhöhe von mehr als fünf Metern. Die Räume sind in verschiedenen Farben gestrichen und bis auf wenige Sitzgelegenheiten vollkommen leer. In rot, lila, gelb und weiß gehalten bilden sie mit dem musealen Lichtkonzet den perfekten Hintergrund für die unterschiedlichsten Fotografen.
Da ist zum Beispiel Jana Wiescholek, die ihre schwangere Bekannte mit einer altertümlichen Teetasse auf dem nackten Bauch ablichtet. Sie bevorzugt sonst ungestellte Bilder, hat sich darauf spezialisiert, intime Momente unter der Geburt fotografisch festzuhalten. In dem klassischen Ambiente der Kunsthalle probiert sie etwas Neues: Eine kunstvolle Inszenierung.
Kontrolliertes Gewusel
Im Nebenraum sitzt ein Mann auf der roten Sofalehne, im Hintergrund die lila Wand. Nicht weiter ungewöhnlich, wenn er nicht eine Art Pappröhre um den Kopf tragen würde. Der Effekt ist kurios, fast möchte man lachen. Doch die Körperhaltung des Protagonisten verbietet es irgendwie. Was soll das? Und warum? Fragen, die selbst Fotografin Sabine Lewandowski nur vage beantworten kann: „Ich habe eigentlich kein Thema, wollte nur irgendwie mit den Räumlichkeiten umgehen.“
Genau das versuchen auch alle anderen. Erst gibt es eine kleine Führung durch das Raumlabyrinth, dann ist freies Posen angesagt. Nur bitte nicht an die Wände kommen, die sind nämlich schon ausstellungsbereit gestrichen. Überall ziehen sich Menschen um, liegen kleine Häufchen Klamotten, Accessoires, Taschen. Trotzdem: Das Gewusel ist kontrolliert, gesprochen wird nur leise, jeder nimmt Rücksicht auf den anderen und scheint mit Blick auf die Location ein stückweit ehrfürchtig zu sein.
Schöne Fotos aus der Kunsthalle Bremen als Reputation
Schließlich, und das bringt Szymon Stefanowicz auf den Punkt, „ist das hier eine absolut einmalige Aktion“. Der Blogger mit dem Hut ist nicht nur für das Shooting so adrett gekleidet. Er gehört dem Bremer Gentlemansclub an und fotografiert mal eben aus der Hüfte seinen Kollegen, der einen Handstand macht. Schickes Auftreten, so betont er, macht aber noch lange keinen Gentleman aus: „Nicht was man anhat, sondern wie man sich benimmt, ist wichtig.“ Und warum haben sie sich dann für ein Fotoshooting im Museum beworben? „Unser Ziel sind schöne Fotos und die Verlinkung durch die sozialen Medien. Da ist die Kunsthalle eine gute Reputation für uns.“
Infos zu dem Shooting gibt es auch unter instagram.com/kunsthalle.bremen/
Ab dem 19. Oktober wird im Rahmen der spektakulär inszenierten Ausstellung „Ikonen. Was wir Menschen anbeten“ (bis 1. März 2020) über religiöse, kunsthistorische oder popkulturelle Ikonen in jedem Raum jeweils ein einziges Kunstwerk präsentiert. Weitere Informationen zu der Ausstellung finden sich unter kunsthalle-bremen.de
Bremer against socials fascism
Zuerst benötigt der Mensch Raum, dann erst die Kunst.
So lange es Menschen in Bremen gibt, die durch fehlgeleitete Juristen und korrumpierbare, sozialfaschistoide Richter am Amts- und Landgericht Bremen und Vermieter aus Findorff als Schwerbehinderte auf der Straße leben müssen, weil Wohnraumknappheit herrscht, ist es ein Frevel, der Kunst so viel Raum zu geben.