Der CDU-Abgeordnete Martin Michalik soll die Enquete-Kommission für Klimaschutz leiten, die die Bürgerschaft eingesetzt hat. Es ist Bremens erste Enquete-Kommission.Foto: Schlie Der CDU-Abgeordnete Martin Michalik soll die Enquete-Kommission für Klimaschutz leiten, die die Bürgerschaft eingesetzt hat. Es ist Bremens erste Enquete-Kommission. Foto: Schlie
Interview

„Antrag auf ein Pfandsystem“

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Was der designierte Chef der Klima-Kommission Martin Michalik plant.

Weser Report: Herr Michalik, Sie sollen die Enquete-Kommission für Klimaschutz leiten, die die Bürgerschaft beschlossen hat. Neun Politiker und neun Klima-Experten sollen der Kommission angehören. Wie kann Bremen das Klima retten?

Martin Michalik: Hoffentlich mithilfe der Enquete-Kommission. Sie soll Ziele definieren und Maßnahmen, wie diese Ziele zu erreichen sind. Wir als CDU wollen Maßnahmen, die auch umsetzbar sind. Damit Deutschland die Verpflichtungen des Pariser Klima-Ankommens einhalten kann, müssen wir den CO²-Ausstoß bis 2030 um 55 Prozent gegenüber 1990 reduzieren. Dieser Wert ist ähnlich dem, den ein Gutachten vorschlägt, das die Senatorin für Umwelt in Auftrag gegeben, aber noch nicht veröffentlicht hat.

Die Kommission will schon im September 2021 Ergebnisse vorlegen.

Ja, das ist ein sportlicher Plan. Ich arbeite mit Hochdruck daran, alle Formalien zu erledigen, bevor die Kommission zur ersten Sitzung kommt. Das heißt auch, dass die Fraktionen von SPD, Grünen, Linken, FDP und CDU ihre Vertreter für die Kommission benennen müssen. Die CDU hat außer mir Silvia Neumeyer und Jens Eckhoff berufen. Drei Fraktionen haben noch gar keine Vertreter benannt. Aber ich habe die Zusagen, dass dies bis kommenden Dienstag geschieht. Die erste Sitzung könnte Ende März sein.

Stehen die Experten fest?

Nein, wir suchen bundesweit, natürlich auch regional. Einige haben wir schon im Auge. Eine Idee ist, auch Gäste einzuladen, aber erst müssen wir uns eine Verfahrensordnung geben. Das ist ja alles Neuland. Die Bürgerschaft hatte vorher noch nie eine Enquete-Kommission eingesetzt.

Für 2020 und 2021 gibt es noch keinen Haushalt. Sollen die Experten kein Geld erhalten und keine Spesen ersetzt bekommen?

Das Problem haben wir erkannt und den Einsetzungsantrag der Kommission so verfasst, dass die Finanzierung auch außerhalb des Wartens auf einen neuen Haushalt sichergestellt ist.

Einige Ziele haben SPD, Grüne und Linke schon in den Koalitionsvertrag geschrieben, etwa den Kohleausstieg bis 2023. Der Kraftwerksbetreiber SWB hält das für ambitioniert.

Das Kraftwerk von SWB in Hastedt würde auch ohne Rot-Grün-Rot vom Netz gehen, denn der größte Kunde ist Mercedes, und Mercedes strebt eine CO²-freie Produktion an. Der Kraftwerksbetreiber Onyx hat sich noch gar nicht geäußert. Er hat das Kraftwerk Farge erst vor Kurzem übernommen und wird sich von seiner Investition nicht innerhalb von drei Jahren verabschieden. Und wir müssen in Bremen an die Schwerindustrie denken.

Was folgt denn daraus konkret?

Wir müssen Sachen neu denken, dezentraler. Es muss nicht mehr das Kohlekraftwerk sein, es können auch Solardächer sein. Würden wir die Bauordnung ändern, könnte man auf jedem Reihenhausdach Strom erzeugen. Und bei Fahrzeugen kann man über synthetische Treibstoffe nachdenken.

Die Bremer Straßenbahn-AG (BSAG) hat allerdings noch Dieselbusse bestellt.

Das ist eine Investition, die uns den Klimazielen nicht näher bringt. Synthetischer Diesel ist teurer, aber nachhaltiger. Im Bremer Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) hat sich in den vergangenen zwölf Jahren nicht viel getan. Die BSAG hat zwar neue Straßenbahnen gekauft, aber dadurch wird die Schieneninfrastruktur nicht besser. Es geht darum, das Schienennetz auszubauen, bessere Verknüpfungen zu schaffen, um mehr Leute in die Bahn zu bekommen.

Und kostenlose Fahrkarten auszugeben?

Uns erschließt sich nicht, warum Schüler Monatskarten kaufen müssen. Natürlich können nicht alle Fahrkarten kostenlos sein, aber es muss Möglichkeiten geben, den ÖPNV attraktiver zu machen. Ich hatte mal eine Nachbarin mit drei Kindern, die fuhr einen alten Renault Twingo, weil dessen Unterhalt günstiger war als vier Monatskarten. Da ist die Umwelt- und Verkehrssenatorin gefordert.

Plastiktüten und Einwegbecher sind künftig tabu?

Wir haben einen Antrag in der Pipeline, mit dem wir ein Mehrweg-Pfandsystem etablieren wollen. Aber all das sind Sachen, über die wir auch in der Kommission beraten werden.

Muss die Kommission ihren Abschlussbericht einstimmig verabschieden oder reicht die Mehrheit der Mitglieder?

Das müssen wir noch regeln.

Die Bürgerschaft wird den Abschlussbericht beraten, und dann? Die Empfehlungen der Kommission sind ja nicht verbindlich.

Nein, Senat und Bürgerschaft sollten sich an die dort formulierten Ziele und Maßnahmen halten, sonst hätte man die Kommission nicht einsetzen müssen.

Wie beraten sich die CDU-Mitglieder der Kommission mit ihrer Partei?

Die Themen nur auf drei Personen abzuwälzen, wäre nicht seriös. Deshalb ist die Idee, dass wir in der CDU eine Art Thinktank, also eine Denkfabrik, aufbauen.

Der Vorschlag für eine Klima-Kommission kam von der CDU. Ist das die Vorbereitung auf eine schwarz-grüne Koalition nach der nächsten Wahl?

Mit dem Thema Umweltschutz befassen sich alle Parteien. Das ist kein alleiniges Thema der Grünen.

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