Ingo Müller leitet die Bremer DMK Group seit 2016. Zur größten deutschen Molkereigenossenschaft gehören Marken wie Milram, Alete und Humana. Jetzt plant sie neue Produkte. Foto: DMK
Interview

„Verkauf ging durch die Decke“

Von
DMK-Chef Ingo Müller über Bremerland, Milram und Mungobohnen.

Weser Report: Herr Müller, nach 15 Jahren haben Sie die Marke Bremerland wiederbelebt und bieten unter diesem Namen Milch von rund 1.000 Bremer Kühen an. Wie läuft das Geschäft?

Ingo Müller: Wir sind seit 20 Jahren in Bremen, und zu diesem Jubiläum haben wir die Traditionsmarke wiederbelebt, um unsere Verbundenheit zu Bremen zu zeigen. Die Milch für Bremerland beziehen wir ausschließlich von Bremer Landwirten. Sie waren auch mit dem Bremischen Landwirtschaftsverband ganz stark an der Einführung beteiligt. Über den QR-Code auf jeder Packung kann man Informationen über die Höfe abrufen. Wir vertreiben Bremerland über Rewe, Edeka und Bünting, aber nur in Bremen und dem Bremer Umland. Bremerland soll eine regionale Marke bleiben.

Wie viel haben Sie schon verkauft?

Die Absätze sind nur ein Aspekt. Zum Vergleich: Die DMK Group verarbeitet weltweit insgesamt jährlich sieben Milliarden Liter Milch. Die Marke Bremerland hat ein Marktpotenzial in Bremen von rund einer Million Liter Milch. Da kommt also ein anderer Aspekt deutlicher zum Zuge: Durch die Wiederbelebung der Marke Bremerland können unsere Landwirte ihren Berufsstand positiv erklären. Dies wird vor allem durch die zunehmende Entfremdung der Gesellschaft zu landwirtschaftlichen Erzeugnissen immer wichtiger. Als Konsument will und soll man wissen, woher die Produkte kommen und wie sie hergestellt werden. Aufgrund der kurzen regionalen Wege und der schonenden Erhitzung bei nur 77 Grad bringen wir eine extrem frische Milch in die Regale.

Welche regionale Marken planen Sie noch?

Beim Käse haben wir bisher schon beispielsweise den Rügener oder den Müritzer….

…aber immer unter der Dachmarke Milram.

Das Werk für diesen Käse steht an der Müritz. Die regionale Verbindung ist also schon da. Als wir in den vergangenen Jahren viele kleine Molkereien auf die DMK fusioniert haben, mussten wir einen Großteil der ursprünglichen Marken aufgeben, denn am Ende müssen wir unsere Marken ja auch bewerben können. Dafür eignet sich eine Dachmarke besser als eine Vielzahl re-gionaler Marken.

Sie machen 80 Prozent Ihres Geschäfts mit Handelsmarken. Aldi beispielsweise bietet Ihre Milch unter einem eigenen Namen an, Rewe und Edeka ebenso. Warum bauen Sie Ihre eigene Marke Milram nicht weiter aus?

Natürlich stärken wir unsere Marke Milram. Acht von zehn Konsumenten in Deutschland kennen Milram. Aber 80 Prozent aller Milchprodukte, die der Handel in Deutschland anbietet, vertreibt er unter Handelsmarken. Man kann Basisprodukte wie Milch also nur schwer bewerben. Außerdem sind wir eine Genossenschaft, die rund 6.000 Landwirten gehört, und verfügen nicht über so große Werbebudgets wie vielleicht andere Unternehmen. Erfolgreich sind wir trotzdem. Im Quarkbereich sind wir mit Milram Frühlingsquark Marktführer, bei Trinkbuttermilch die Nummer zwei und im Schnittkäse die Nummer drei. In vielen Kategorien liegen wir vor bekannten Wettbewerbern. Im Lebensmittel-Einzelhandel erwirtschaften wir aber nur einen Teil unseres Umsatzes. Dazu kommen Kunden aus der Gastronomie und der Industrie. Viele Produkte, die wir täglich genießen, beinhalten DMK ohne dass es draufsteht.

Der neueste Trend geht zu alternativen Produkten wie Soja-Milch oder Hafer-Milch. Was planen Sie da?

Wir werden im Nicht-Milchbereich künftig auch Produkte für den Endverbraucher anbieten. Unter Milram Kalder Kaffee haben wir vor ein paar Wochen eine Sorte mit Hafermilch ins Sortiment genommen. Für Industriekunden sind wir im Nicht-Milchbereich schon sehr aktiv und stellen bereits Erbsenproteine her oder verarbeiten Mungobohnen. In der Ur-DNA bleiben wir aber ein Milch produzierendes Unternehmen.

Wo wollen Sie expandieren?

Wir bauen gerade ein Molkereiwerk in Russland auf. Weitere Expansionen sind derzeit nicht geplant. Wir haben ja bereits viele Marken gekauft, darunter Alete oder die niederländische Gouda-Marke Uniekaas. Mit dem Portfolio, das wir jetzt haben, wollen wir uns organisch weiterentwickeln, also ohne neue Zukäufe.

Wie sehr trifft die Coronakrise Ihr Geschäft?

Als die ersten Beschränkungen kamen, gingen die Verkäufe im Einzelhandel durch die Decke. Wir haben zeitweise 40 und 50 Prozent mehr Ware ausgeliefert als sonst. Gleichzeitig gingen die Lieferungen an die Gastronomie und Hotels nahezu auf Null zurück. Diesen Rückgang kann das Geschäft mit dem Einzelhandel nicht ausgleichen.

Im vergangenen Jahr hat die DMK Group 5,8 Milliarden Euro umgesetzt, davon 30 Prozent im Ausland. Was erwarten Sie für 2020?

Eine Prognose für das laufende Jahr ist durch die aktuellen Marktturbulenzen kaum zu leisten. Wir haben schon im Februar eine Taskforce eingerichtet, um die Auswirkungen bestmöglich planen zu können. Das frühzeitige Handeln hilft uns – in der aktuellen Phase ist es wichtiger, kurzfristig zu handeln als langfristig zu planen.

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