„Druckfrisch“ nannte Baustaatsrätin Gabriele Nießen die Entscheidung der Wirtschaftssenatorin: Das Irgendwo-Festival in der Neustadt darf auch nach Auslaufen des Zwischennutzungsvertrags an seinem Standort bleiben.
Nur wenige Stunden, bevor der Neustädter Beirat das Thema debattieren sollte, war die Entscheidung gefallen. Die meisten Beiratsmitglieder sowie das Ortsamt wussten zu Beginn der Sitzung von nichts.
Zwischennutzung war ausgelaufen
Für den Verein Kulturbeutel, der das Kunst- und Kulturfestival an der Amelie-Beese-Straße seit zwei Jahren unter dem Titel Irgendwo ausrichtet, bedeutet diese Entscheidung das Ende des Hoffens und Bangens, dafür Planungssicherheit für die Zukunft.
Denn der Verein bespielte das als Gewerbefläche ausgewiesene Grundstück bisher als Zwischennutzer. Der Vertrag war kürzlich ausgelaufen, das Irgendwo nur noch geduldet. Die Zwickmühle: Ein Investor hatte sich ebenfalls für die Brache in Flughafennähe interessiert.
Keine Alternative
Für das Irgendwo sollte eine Alternative gefunden werden. Das war nicht möglich, wie Nießen bestätigte. „Das Irgendwo ist sehr etabliert und geschätzt. Deshalb war es den Senatorinnen ein Anliegen, ihm zu einer dauerhaften Bleibe zu verhelfen“, erklärte Nießen dem Beirat.
Bausenatorin Maike Schaefer hatte sich in den Prozess eingeschaltet. Schaefer und Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt hätten das Festival an seinem Standort halten wollen, heißt es aus den Ressorts.
Im Raum stand, die Fläche an einen Investor zu übergeben. Für das Irgendwo sollte eine Alternativfläche gefunden werden. Das war nicht möglich, wie Nießen bestätigte. Nun soll der dauerhafte Vertrag erarbeitet, zudem alle Genehmigungen auf den Weg gebracht werden.
Zuständigkeiten noch nicht geklärt
Als Nächstes sollen die Verträge erarbeitet, zudem alle Genehmigungen auf den Weg gebracht werden. Bisher war für die Zwischennutzung laut Behörde keine Pacht erhoben worden. Ob sich das nun ändert, konnten die zuständigen Stellen noch nicht bestätigen – zu frisch sei die Entscheidung, die Zuständigkeit noch nicht geklärt.
Die Fläche soll zudem aus der Zuständigkeit des Wirtschaftsressorts in die der Baubehörde übergehen. Im Gewerbeflächenentwicklungsprogramm wird der Bedarf um etwa einen Hektar – denn so groß ist das Areal – erweitert. Es wird also ein Ersatz für die Gewerbefläche gesucht.
Lärmschutz umgesetzt
Die Mitglieder des Vereins Kulturbeutel arbeiten ehrenamtlich und organisieren mit dem Irgendwo vor allem in den Sommermonate eine Mischung aus Partys, Familienangeboten, Konzerten, Workshops, Yoga, Theater, Kino und anderen Kleinkunstformen unter freiem Himmel.
Anfangs hatten sich Anwohner über die Lautstärke beschwert, allerdings konnte der Verein mit einem Lärmschutz-Konzept und dessen Umsetzung an Ort und Stelle bleiben.
Flächen für Kultur sind rar
Bei aller Freude über die positive Entwicklung in Sachen Irgendwo, sei es jedoch grundsätzlich ein Problem, dass keine ausgewiesenen Flächen für Kultur und Festivals zur Verfügung stünden – im Gegensatz zu explizit für Wohnen oder Gewerbe vorgehaltenen Flächen, kritisierte Kai Wargalla, kulturpolitische Sprecherin der Grünen-Bürgerschaftfraktion.
Solche Flächen müssten mehrere Voraussetzungen erfüllen: nicht zu nah an Wohngebieten und trotzdem gut zu erreichen oder verkehrstechnisch angebunden.
Dies bestätigte auch Felix Graßhoff vom Verein Kulturbeutel: „In Zukunft muss auch anderen Kulturschaffenden eine Perspektive ermöglicht werden, damit sie sich über die Zwischennutzung hinaus verstetigen können.“
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