Zwölf Denkorte gibt es in der Neustadt. Sie verweisen auf für den Stadtteil signifikante Ereignisse im Nationalsozialismus und erzählen damit eine Geschichte – die der Opfer, die der Täter und die des Ortes selbst. „Wir dürfen im Moment keine Führungen anbieten, ein Spaziergang entlang der Denkorte ist aber trotzdem noch möglich“, erklärt Horst Otto von der Denkorte-Initiative Neustadt. Dabei liefern die Denkorte laut Otto keine fertigen Antworten auf offene Fragen, vielmehr regen sie zum Denken an.
Die Initiative erarbeitete Denkorte zu ganz unterschiedlichen Opfergruppen der NS-Diktatur. Am Leibnizplatz etwa wird die Geschichte der nach Minsk deportierten jüdischen Bremer aus der Neustadt nachgezeichnet. Ein Gedenkstein erinnert an die Deportation 1941.
Erinnerung an Verfolgte
An der Kantstraße und am Dammacker wird an Zwangsarbeiter erinnert. Auch Zeugen Jehovas wurden von den Nationalsozialisten verfolgt, ebenfalls an der Kantstraße errinert ein Stoplerstein an Alfred Bostelmann, der 1943 hingerichtet wurde. „Wir beziehen die Stolpersteine in unsere Arbeit und Führungen mit ein. Es gibt immer ein individuelles Schicksal“, sagt Otto.
So soll etwa von 2021 an auch der Stolperstein für Maria Franz an der Osterstraße in die Neuauflage der Begleitbroschüre aufgenommen werden. Ihr Schicksal vereint gleich mehrere Themen: Maria war Sintezza, wurde Opfer einer Zwangssterilisation und lebte im Heim. Das Thema Sinti und Roma wird auch auf dem Friedhof Buntentor beleuchtet, das Leben in einer Heimeinrichtung am Isenbergheim an der Kornstraße. Auch politischer Widerstand wurde von den Nazis bestraft und so erinnert ein Denkort am Roten Haus am Buntentorsteinweg an diese Opfer.
Verbindung zur heutigen Zeit
„Wir wollen mit den Denkorten für Frieden werben. Wir arbeiten nicht nur retrospektiv, sondern stellen in den Führungen eine Verbindung zur heutigen Zeit her und schlagen eine Brücke zur heutigen Gesellschaft“, erklärt Otto. So verweist etwa der Denkort am Erdbunker an der Neustadtscontrescarpe auf die Konsequenzen von Krieg und Gewalt.
Die bisher erarbeiteten zwölf Denkorte stehen in der vorderen Neustadt, im Buntentor sowie Huckelriede und auf dem Stadtwerder. Mit dem Denkort Langemarck, welcher erst in diesem Jahr eingeweiht wurde, weitet die Initiative ihre Arbeit auf die andere Seite der Friedrich-Ebert-Straße aus. Dort sollen zudem künftig die Führungen starten. In Planung ist außerdem ein Denkort an der Duckwitzstraße, ein weiteres neues Thema ist die Frage nach den Profiteuren des Krieges. „Auch da gibt es einen aktuellen Bezug“, sagt Otto.
Unterstützung vom Beirat
Um überhaupt die Geschichte des Stadtteils so detailreich aufarbeiten zu können, wird die Denkorte-Initiative vom Neustädter Beirat unterstützt. „Der Beirat hat seit Jahrzehnten eine ganz klare Position in der Erinnerungskultur.“ Die Denkorte schaffen laut Otto eine Identifikation mit dem Stadtteil und seiner Geschichte.
Die Initiative bietet regelmäßig Führungen für Schulklassen an, nicht nur aus dem Stadtteil, sondern sogar aus dem niedersächsischen Umland. Diese Führungen sind unter den geltenden Auflagen auch jetzt noch möglich.
Infos
Begleitend zum Rundgang hat die Denkorte-Initiative eine Bröschüre heraus gegeben. „Spurensuche – Bremen 1933 – 1945“ liegt kostenlos in der Buchhandlung Buntentor, Buntentosteinweg 107, aus.
Per Fahrrad dauert der Rundgang etwa drei Stunden. Zu Fuß empfiehlt es sich, zunächst die Denkorte in der vorderen Neustadt zu besuchen, an einem zweiten Tag dann die in Huckelriede. Schulklassen können sich für eine Führung per Mail an info@spurensuche-bremen.de wenden. Die nächsten Führungen per Rad sind zudem für den 2. Februar und 6. März 2021 geplant. Anmeldungen an info@spurensuche-bremen.de