Schmale Radwege, Falschparker, die Wege versperren, und viele Fahrraddiebstähle: Trotz zahlreicher Kritik an der Situation für Radfahrer bleibt Bremen die fahrradfreundlichste Großstadt Deutschlands. Beim Fahrradklima-Test 2020 des Fahrradclubs ADFC kann die Hansestadt den ersten Platz in der Kategorie Großstädte über 500.000 Einwohner auch nach 2018 behaupten, gefolgt von Hannover und Frankfurt.
Doch mit einer Schulgesamtnote von 3,57 ist das Ergebnis laut ADFC ernüchternd und im Vergleich zu 2018 sogar etwas schlechter. „Bremen hat zwar gewonnen, aber es gibt noch viel zu tun“, sagt Bonnie Fenton, Vorsitzende des ADFC Bremen.
Mehr als 320.000 Radfahrer beteiligten sich im Herbst 2020 bundesweit an der Umfrage. In der Stadt Bremen konnte die Teilnehmerzahl von 926 im Jahr 2018 auf jetzt 1.771 gesteigert werden.
Mehr als die Hälfte der Radfahrer fühlt sich unsicher
80 Prozent von ihnen bemängeln, dass die Radwege zu schmal sind, auch wenn das Wegenetz gut ausgebaut sei. „Das ist keine Errungenschaft der jüngeren Zeit, sondern stammt noch aus den 1960er, 1970er Jahren“, sagt Sven Eckert, ADFC-Geschäftsführer in Bremen. Die Anzahl und Vielfalt der Räder habe zugenommen, die Wege würden aber seit Jahren nicht ausgebaut.
72 Prozent bemängeln zudem die Radverkehrsführung an Baustellen, 53 Prozent fühlen sich nicht sicher. „Dort könnten die Menschen verstärkt aufs Auto umsteigen“, befürchtet Eckert.
Positiv bewertet werden die Erreichbarkeit des Zentrums und dass in Bremen alle Generationen auf den Drahteseln unterwegs sind. Mit einer Note von 1,7 kommen die für den Radverkehr in die Gegenrichtung geöffneten Einbahnstraßen sehr gut weg.
Chance in der Corona-Pandemie vertan
Während der Corona-Pandemie habe Bremen allerdings Chancen vertan, sagt Eckert. Während andere Städte Pop-up-Radwege angelegt und den Kauf von Lastenrädern unterstützt haben, sei in Bremen nichts passiert.
Die Teilnehmer des Fahrradklima-Tests bestätigen das: 76 Prozent sagen zwar, die Bedeutung des Fahrradfahrens sei in dieser Zeit gestiegen, 78 Prozent aber vermissen handfeste Rad-Signale aus der Politik.
Parken auf Radwegen soll stärker kontrolliert werden
Mobilitäts-Staatsrat Ronny Meyer sieht in den Ergebnissen Licht und Schatten: „Ich freue mich zwar, dass Bremen bei den Großstädten auf dem ersten Platz gelandet ist. Eine 3,5 ist aber nicht das, was man anstreben sollte.“ Bei der Debatte über Falschparker verweist er auf einen kürzlich gefassten Bürgerschaftsbeschluss, nach dem das Parken auf Radwegen künftig mit mehr Personal stärker kontrolliert werden soll.
Der Bußgeldkatalog müsse allerdings bundesweit angepasst werden. Schwierig sei die bemängelte geringe Breite der Radwege. „Das Thema ist immer mit einer Neuaufteilung des Straßenraums verbunden und da gibt es von allen Seiten viel Diskussionsbedarf.“