Seit April leitet Philipp Heßemer die Bremer Feuerwehr. Zuvor arbeitete der gebürtige Berliner bei der Feuerwehr in Köln.Foto: Schlie
Interview

„Speckrolle zugelegt“

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Der Feuerwehr-Chef Philipp Heßemer spricht über Effizienz und neue Kooperation mit der Polizei.

Weser Report: Herr Heßemer, Sie haben die Leitung der Bremer Feuerwehr in einer schweren Zeit übernommen. Kurz bevor sie vor einem halben Jahr kamen, tauchten Vorwürfe auf, innerhalb der Feuerwehr gebe es Rassismus und Sexismus. Wie sind sie dagegen vorgegangen?

Philipp Heßemer: In den ersten Monaten haben diese Themen in meinem Arbeitsalltag eine große Rolle gespielt. Wir haben kurzfristige und langfristige Maßnahmen entwickelt. Zu den kurzfristigen Maßnahmen gehört ein Elf-Punkte-Plan, Ende des Jahres werden wir eine Zwischenbilanz ziehen. Langfristig wollen wir ein Leitbild entwerfen: Wo stehen wir? Wie wollen wir in Erscheinung treten? Wie wollen wir miteinander umgehen?

Was wollen Sie kurzfristig umstellen?

Wir wollen uns mit externen Führungskräften verstärken, um externes Wissen hereinzuholen. Aktuell geht es um die Besetzung einer Abteilungsleitung für Personalführung und den Finanzbereich. Der nächste Schritt wird sein, eine mittlere Führungskraft für die Personalverwaltung zu finden. Bislang liegen Personalführung und Personalverwaltung in einer Hand. Die Bereiche wollen wir trennen.

Die Vorwürfe zielten auf Feuerwehrleute in bestimmten Wachen. Was ändern Sie dort?

Wir wollen auf den einzelnen Wachen Führungskräfte einführen, die sich ums Personal kümmern sollen. Bisher sind die Wachleiter in einer Zwitterfunktion. Sie müssen die Wache führen und noch eine zweite Aufgabe übernehmen. Auf der Feuerwache 1 zum Beispiel muss sich der Wachleiter auch um den Gebäudeunterhalt und die Liegenschaft von uns kümmern. Das ist eine Zerreißprobe.

Wie groß ist das Interesse an einer Ausbildung bei der Feuerwehr noch?

Wir merken, dass wir uns auf einem umkämpften Arbeitsmarkt bewegen. Wir haben immer noch Bewerber, aber wir müssen überlegen, wie wir die Besten bekommen. Viele Bewerber scheitern an der Eignungsprüfung. Aber da können wir keine Abstriche machen. Die körperliche Eignung spielt eine große Rolle. Der Eignungstest wurde von der Sporthochschule Köln entwickelt, auch unter besondere Berücksichtigung von Bewerberinnen. Bundesweit wenden ihn viele Feuerwehren an.

Die Feuerwehr steht auch vor neuen technischen Herausforderungen: Klimawandel, starke Regenfälle, und nicht zuletzt muss sie ein brennendes Elektro-Auto anders löschen als einen Benziner oder Diesel.

Aufs Löschen eines Elektro-Autos werden wir uns technologisch einstellen. Die große Herausforderung ist, wie wir als Organisation mit der gesellschaftlichen Entwicklung mithalten. Wie schaffen wir es, geeigneten Nachwuchs zu rekrutieren? Wie bilden wir unser Personal aus? Auch die Organisation wächst. In der Leitstelle zum Beispiel haben vor 20 Jahren 25 Leute gearbeitet, heute sind es 60. Und die Dokumentationspflicht hat zugenommen.

Wie reagieren Sie denn darauf?

Wir haben gerade das Richtfest für die Feuerwache 7 gefeiert. Das ist ein großer Erfolg. Sie stärkt die Sicherheitsstruktur in der Stadt. Viele Wachen sind Jahrzehnte alt und entsprechen nicht mehr den neuen Anforderungen. Wir haben noch nicht einmal an jedem Standort getrennte Ruheräume und Waschräume für Frauen und Männer. Außerdem müssen wir eine Perspektive für unsere Werkstätten finden.

Haben Sie schon ein neues Grundstück für die Werkstätten im Blick oder sich gar eines gesichert?

Am besten keine in der Innenstadt. Der dringendste Punkt ist aber die Ausbildung. Noch sind die Auszubildenden in einer Kaserne untergebracht, die uns die Bundeswehr zur Verfügung stellt.. Derzeit können wir zur langfristigen perspektivischen Nutzung dieser Liegenschaft keine Aussagen treffen. Des Weiteren brauchen wir eine Örtlichkeit, wo es auch bessere Übungsflächen gibt, wo wir Lärm machen und mit Kettensägen üben oder ein Auto zerschneiden können. Wo es Überdachung für Übungsplätze gibt und ein Gebäude, das wir mal verrauchen können. Wünschenswert wäre insbesondere, dass wir unsere Feuerwehrangehörigen besser in einem realistischen Umfeld auf den Einsatz vorbereiten können, zum Beispiel durch eine Brandübungsanlage.

Wie viele Geld müsste die Feuerwehr für die Erneuerungen investieren?

Für die nächsten 20 Jahre bräuchten wir eher einen dreistelligen Millionenbetrag als einen zweistelligen. Angesichts des schmalen Bremer Haushaltes müssen wir überlegen, was wir unbedingt brauchen und wo wir Kompromisse eingehen können.

Wo kann die Feuerwehr sparen, ohne die Sicherheit zu gefährden?

Wir müssen uns fragen, ob wir uns personalwirtschaftlich effizienter aufstellen können. Und das bedeutet keinesfalls Personalabbau, sondern angemessenes Wachstum in allen Bereichen. Auch die Feuerwehr in Bremen hat sich in den letzten Jahren sicherlich die eine oder andere Speckrolle zugelegt, die man jetzt abbauen muss. Gleichzeitig müssen wir aber in andere Bereichen wie zum Beispiel den Liegenschaften, den Werkstätten und der Ausbildung mehr investieren. Mit etwas Kreativität kann man manche Prozesse verschlanken.

Was wollen Sie darüber hinaus noch angehen?

Wir planen außerdem den Bau einer kooperativen Leitstelle gemeinsam mit der Polizei. Da ergeben sich viele Synergieeffekte, etwa durch eine gemeinsame IT-Infrastruktur, gemeinsame Sicherheitsstandards und die gemeinsame Nutzung des Sozialbereiches. Das Projekt ist schon aufgesetzt, jetzt suchen wir einen Standort für das neue Gebäude in dem die zwei Leitstellen untergebracht werden können und sind schon in Gesprächen mit Fachplanern.

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