Für Ronja Michels kann es gar nicht grün genug sein. Zwischen 180 und 200 Pflanzen besitzt die 21-Jährige – und hat den Großteil in ihrem WG-Zimmer untergebracht. „Sie hängen auch von der Decke und an den Wänden“, sagt Michels. In der Küche habe sie sogar extra Regale umgebaut, damit darin auch Grünpflanzen stehen können.
Michels ist mit ihrem Hobby nicht alleine, inzwischen sind Zimmerpflanzen und „Urban Jungle“ zu einem wahren Trend geworden. Darunter Monstera, Philodendron, Pilea, Calathea, Alocasia und viele andere Grünpflanzen, gerne auch in ungewöhnlichen Farben oder Musterungen. In sozialen Netzwerken tauscht man Erfahrungen und Ableger aus, auf Youtube und Instagram werden Pflegetipps und Videos von sogenannten Plantfluencern geliefert. Auf Kleinanzeigenportalen sind viele Angebote zu finden.
Austausch und Tausch
Auch Michels nutzt diese Portale, bietet überzählige Stücke an und tauscht Ableger. „Ich muss auch mal Platz für Neues schaffen und es ist schön, wenn sich jemand über die Pflanzen freut“, berichtet sie. Bestellen würde sie ihre Wunschpflanzen nicht mehr, die Erfahrungen damit seien zu schlecht. Stattdessen genieße sie den Austausch mit Gleichgesinnten.
Als Kind wollte Michels noch Floristin werden, gab ihr Pflanzenhobby später aber auf. „Nach meinem Auszug von Zuhause habe ich wieder angefangen“, erzählt sie. Nach und nach wurde ihr Zimmer zum Dschungel. Ihre Schützlinge bekommen viel Aufmerksamkeit, werden so gruppiert, dass sie sich gegenseitig gut beeinflussen und dass die jeweiligen Bedingungen gut passen.
Ihr Wissen hat Michels von ihrer Großmutter, vieles hat sie sich aber auch angelesen. „Am liebsten sind mir Rankpflanzen und Philodendren. Es kommt aber eigentlich gar nicht auf die Sorte an“, sagt Michels. Wenn eine Pflanze Freude bereite, werde sie automatisch zum Liebling. Und genau darum gehe es: Ihre Pflanzen bereiten ihr Freude.
Hobby zum Beruf
Eine, die diese Freude auch mit anderen teilen wollte und schließlich ihr Hobby zum Beruf gemacht hat, ist Restia Hilpert. In ihrem kleinen Geschäft Plantia in der Neustadt grünt und sprießt es in allen Ecken. Im Juni hat Hilpert eröffnet. „Meine ganze Familie ist pflanzenverrückt“, berichtet Hilpert, deren Familie aus Indonesien stammt. Ihr Vater und Großvater besitzen Plantagen, ihr Bruder ist auf Kakteen spezialisiert. „Ich war die letzte, die es für sich entdeckt hat“, sagt die 33-Jährige.
Angefangen hatte aber auch bei ihr alles privat, während der Elternzeit. „Es hat mir geholfen und war etwas, dass ich für mich gemacht habe“, sagt Hilpert. Sie möge Pflanzen nicht nur, weil sie schön aussähen, sondern weil sie ein gesundes Hobby seien. „Sie beruhigen und man kann viel lernen“, sagt Hilpert.
Pflanzen kommunizieren
So beobachte sie, dass etwa ihre Hoyas immer wieder den Kontakt zueinander suchen, indem sie ihre langen Ranken nacheinander ausstrecken und verschlingen. „Sie kommunizieren auf ihre Art“, ist sich Hilpert sicher. Auch ein anderes Phänomen fällt ihr auf: „Efeututen sind für andere Pflanzen gut. Sie sorgen dafür, dass sie stärker werden. Da reicht schon ein Ableger in der Nähe“, sagt sie. So sei es in einer gesunden Gesellschaft auch: Die Starken hülfen den Schwachen, sagt Hilpert. Genau wie Michels nutzt auch sie diesen Effekt der Beeinflussung bei ihren Pflanzen. Solche Tipps gibt sie ihren Kunden gerne weiter.
Die Ware für ihren kleinen Laden bezieht sie aus den Niederlanden. Dort holen sie und ihr Mann die Pflanzen direkt ab, in kleiner Stückzahl. „Es geht mir um Qualität, nicht um Quantität. Deshalb überzeuge ich mich vor Ort selber davon“, sagt Hilpert. Besonders gefragt sind bei ihr die Raritäten. Diese sind immer schnell ausverkauft.
Corona und der erste Lockdown hätten sicher dazu beigetragen, dass Zimmerpflanzen zum Trend wurden, meint Hilpert. „Man kümmert sich und erfreut sich an jedem neuen Blatt.“