Olaf Ernsting betreibt die letzte Videothek Bremens. In der Video Boxx bietet er um die 8.600 Filme und Spiele im Verleih und Verkauf an. Foto: Schlie Olaf Ernsting betreibt die letzte Videothek Bremens. In der Video Boxx bietet er um die 8.600 Filme und Spiele im Verleih und Verkauf an. Foto: Schlie
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Der letzte seiner Zunft

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Wie Olaf Ernsting die letzte Videothek Bremens durch die Pandemie steuert.

„Ich weiß nicht was ich anders mache“, sagt Olaf Ernsting, der mit der Video Boxx die letzte Videothek Bremens betreibt. In Findorff bietet er seinen Kunden auf 270 Quadratmetern rund 8.600 Filme, Serien und Spiele an, im Verleih und im Verkauf.

„Entweder mache ich etwas richtig oder die anderen haben es richtig gemacht“, scherzt der 52-Jährige darüber, seit September 2020 der letzte seiner Zunft zu sein.

Viele Familien als Kunden

Zu Ernsting kommen nicht nur Stammkunden. Die gute Lage der Videothek an der Fürther Straße mit großem Parkplatz führt auch immer wieder neue Kunden in die Video Boxx. Vor allem zum Wochenende hin sind es hauptsächlich Familien.

Und immer wieder stellt Ernsting dann auch einen der laminierten Videotheksausweise neu aus.

Corona erschwert die Arbeit

Die Pandemie hat aber auch ihn getroffen. „Ich hatte zwar nie ganz geschlossen, aber es ging nur noch darum, die Kosten zu decken“, sagt Ernsting.

In seinem Geschäft betreibt er zusätzlich eine Paketannahme und -abholstelle für zwei Paketdienstleister. „Das macht nur zehn Prozent des Umsatzes aus, es finden aber so auch Leute den Weg in die Videothek und schauen sich bei den Filmen um“, sagt Ernsting.

Filmberatung am Telefon

Während des Lockdowns musste er sich etwas ausdenken, die Kunden durften ja nicht in die Video Boxx hinein. „Ich habe die Pakete dann raus gegeben. Das war ja kein Problem“, erinnert er sich an das Frühjahr 2020.

Bei den Filmen sah das schon anders aus. Wie sollten diese zu den Kunden und auch wieder zurück kommen? Ein Lieferangebot lohnte sich nicht, das merkte Ernsting schnell.

Call & Collect funktionierte schon besser, eine Beratung am Telefon war aber auch nicht immer das, was die Kunden wollten.

Unterschiedliche Regeln

Die Behörde teilte Ernsting irgendwann sogar mit, er könne seine Filme ja per Paket hin und her schicken. „Das war ein schlechter Witz“, sagt Ernsting.

Genauso sieht er auch die derzeitige 2G-Regelung. Denn: Paketshopkunden müssen keinen Impf- oder Genesenennachweis erbringen, Videothekskunden im selben Raum aber schon.

Eine Zeit lang brachte Ernsting seinen Kunden die gewünschten Spiele, Filme und Serien an die nahe gelegene Bushaltestelle.

„Am Ende war aber nichts wirklich praktikabel“, sagt er. Das Stöbern habe seinen Kunden einfach zu sehr gefehlt, ebenso die Bilder auf den Hüllen zu betrachten. Denn das ist es, was zu einem Besuch in der Videothek dazu gehört.

„Ich konnte zwar beraten, aber nicht immer überzeugen“, sagt Ernsting.

Nur wenige Filme kamen neu heraus

Über soziale Netzwerke konnte er die Video Boxx schließlich immer wieder ins Gedächtnis seiner Kunden rufen, denn dort informiert der Familienvater über Neuheiten und Angebote.

„Der Umsatz des letzten Jahres war zwar konstant, aber konstant auf einem niedrigen Niveau“, sagt Ernsting.

Ein weiteres Problem, das die Pandemie ihm bescherte, waren die fehlenden Filme. „Sonst haben wir mindestens zwei Neuheiten pro Woche gehabt. Jetzt hatten wir monatelang gar keine“ sagt er. „Und die Filme, die herauskamen, waren zwar gut, aber eben nicht bekannt.“

Streaminganbieter kaum Konkurrenz

Das Kerngeschäft der Video Boxx sind Kinofilme. Was die Konkurrenz durch die großen Streaminganbieter angeht, sieht sich Ernsting aber gut aufgestellt.

Einzig: „Die Bequemlichkeit der Leute ist das Schlimmste und das Problem“, sagt er. Netflix und Co. zeigen keine neuen Kinofilme, da seien nur Sky und Disney Plus eine Konkurrenz.

Wer aber diese Dienste abonniert, weil er aktuelle Kinofilme zu Hause sehen möchte, fahre mit einem Besuch in der Videothek besser und günstiger, erklärt Ernsting.

So habe er die Neuheiten rund eine Woche bevor sie in den regulären Handel kommen und etwa bei Prime angeboten werden. Zudem mit besserer Bildqualität. Beim Streaminganbieter seien sie im Verleih dann auch noch deutlich teurer als in der Video Boxx, rechnet Ernsting vor.

Jugendschutz ist gewährleistet

Ein weiteres Problem: der Jugendschutz. In der Videothek sind die Filme und Serien, die nicht für die Augen von Kindern und Jugendlichen gedacht sind, für diese auch nicht zugänglich.

Im Internet dagegen reiche ein harmloses Suchwort, um direkt an Erotik- und Gewaltfilme zu gelangen, kritisiert Ernsting, der mit dem Filmverleih aufwuchs.

Seine Eltern betrieben eine der ersten Videotheken in Delmenhorst.

Sogar VHS-Kassetten

Die Video Boxx hat er vor zehn Jahren von seinem Vorgänger übernommen, der dafür gesorgt hatte, dass vor allem die Spielfilmsparte gut ausgebaut war.

„Pornos machen im Verleih bei uns nicht viel aus“, sagt Ernsting, der in der Video Boxx sogar noch einen Karton mit VHS-Kassetten stehen hat.

Alle vier Monate veranstaltet Ernsting außerdem eine Verkaufsaktion. „Meistens habe ich aber hinterher mehr Filme, als ich vorher hatte“, scherzt er.

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