War es in den 1990er Jahren noch sehr schlecht um das Überleben der Seeadler in Deutschland bestellt, hat sich der Bestand mittlerweile erholt. Zuletzt wurde im Landkreis Verden bereits ein Brutpaar nachgewiesen, das seit 2019 erfolgreich Nachwuchs aufgezogen hat. Und seit dem vergangenen Jahr werden auch auf Bremer Gebiet öfter Seeadler gesichtet, die offensichtlich auf der Suche nach einem Revier sind. Vorausgesetzt die scheuen Greife werden nicht gestört, dürfte sich wohl bald auch in der Hansestadt Nachwuchs einstellen.
Der Bestand der Seeadler hat in den vergangenen Jahrzehnten deutlich zugenommen. „Dabei waren es in Niedersachsen 1997 gerade einmal noch zwei Paare“, erinnert sich Adlerexperte Peter Görke, der auch Seeadler-Betreuer des Landes Niedersachsen ist und 1996 die Adler-Arbeitsgemeinschaft Niedersachsen (AAN) gründete. Seine Beobachtung: Während es in Südniedersachsen fast keine Adler gebe, sei der Druck im Elbe-Weser-Ems-Gebiet deutlich gestiegen. In diesem Gebiet habe man die meisten Ansiedlungen. Insgesamt gebe es im Kreis Verden mittlerweile drei Brutpaare. Auch das Verhalten der imposanten Greife mit einer Spannweite von bis zu 2,50 Metern habe sich deutlich verändert.
Anderes Verhalten
„Es handelt sich mittlerweile um eine neue Generation der Seeadler mit einer anderen Verhaltensbiologie“, weiß Görke. Die Distanzen hätten sich beispielsweise verändert. Standorte, die man vor 30 Jahren überhaupt nicht in Betracht gezogen hätte, würden heute von den Vögeln angenommen.
„Durfte man früher nicht näher als 400 bis 500 Meter an die Horste heran, brüten die Greife mittlerweile sogar in 200 Metern Abstand zu Straßen oder Gewerbegebieten und sogar in Pappelreihen in gerade einmal 120 Metern Abstand zur Wohnbebauung“, berichtet Görke. Die etwa 50 der etwa 80 Brutpaare in Niedersachsen hätten im vergangenen Jahr rund 80 Jungvögel großgezogen.
Nicht nähern
Trotz des geänderten Distanzverhaltens warnt Görke davor sich den Horsten zu nähern. Nur wenn es in der Balz- und Brutzeit absolut ruhig bleibe, sei ein Bruterfolg möglich. Tierfotograf Detlev Kampf sagt: „Ich verabscheue Fotografen, die ein Event daraus machen und durch Störungen versuchen, angeblich ‚gute Bilder‘ zu bekommen.
Der Bremer Naturschützer Josef Teupe hat seit über einem Jahr häufiger Seeadler im Naturschutzgebiet Arberger-, Hemelinger Marsch beobachtet – zuletzt erst vor wenigen Tagen. Was ihn besonders freut: Nur wo die Adler genug Nahrung für ihren Nachwuchs finden, beginnen sie überhaupt mit der Suche nach Brutplätzen. Zugleich appelliert er an die Bevölkerung,die Vögel nicht zu stören. „Wegen Corona habe sich die Besucherfrequenz in Wäldern und Grünland ohnehin schon deutlich erhöht. Das hat im vergangenen Jahr schon zu drei Brut-Abbrüchen geführt“, bedauert Görke.