Die 24-jährige Studentin Anna Fischer ist neue Landessprecherin der Bremer Linken und führt den Landesverband gemeinsam mit Christoph Spehr.Foto: Schlie
Interview

„Schuldenbremse ändern“

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Bremens neue Linken-Chefin Anna Fischer spricht über Klima, Verkehr, Steuern und Impfpflicht.

Weser Report: Frau Fischer, wie waren die ersten vier Woche als Landessprecherin der Bremer Linken neben Christoph Spehr, der mit Ihnen jetzt gemeinsam an der Spitze steht?

Anna Fischer: Intensiv. Es gibt viel zu tun. Wir sind dabei, die Aufgaben zu verteilen und zu besprechen, welche Schwerpunkte wir in den kommenden Monaten setzen. Was mich freut: Die verschiedenen Generationen und Perspektiven sind jetzt sehr gut abgebildet im Vorstand.

Was wollen Sie anders machen als die langjährige Landessprecherin Cornelia Barth, gegen die sie kandidiert haben?

Wir müssen nichts verändern, nur weil ich sie als Landessprecherin abgelöst habe. Aber gerade nach der Bundestagswahl brauchen wir neue Impulse, und junge Stimmen haben im letzten Landesvorstand gefehlt. Ich war dort die einzige unter 50.

Was sind die drei wichtigsten Themen, die Sie jetzt angehen wollen?

Wir müssen intensiver die Einführung des ticketfreien Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) vorantreiben. Das ist wichtig für den Klimaschutz und für die soziale Frage. Wichtig ist auch, dass Bremen weiterhin eine Migrationspolitik betreibt, die auf Offenheit und Inklusion setzt. Es ist notwendig, dass wir die Regeln der Schuldenbremse ändern. Die Enquete-Kommission der Bürgerschaft zum Klimaschutz hat viele Maßnahmen aufgelistet, um zur Klimaneutralität zu kommen. Aber viele Maßnahmen kosten auch viel. Und der Staatsrechtler Joachim Wieland zeigt ja in seinem Gutachten Wege auf, wie Bremen das Geld trotzdem mit Krediten finanzieren kann. Wir sehen an der Corona-Politik, was möglich ist, wenn der Staat nicht spart, sondern für wichtige Maßnahmen auch Geld ausgibt.

Man könnte auch Ausgaben umschichten und an anderen Stelle kürzen.

Das würde schlimmstenfalls bedeuten, dass Bremen keine Lehrkräfte mehr einstellt und keine Schulen saniert. Das ist also keine nachhaltige Lösung. Als Linke stehen wir dafür, dass der Staat öffentliche Aufgaben uneingeschränkt erfüllt. Wir können gerne darüber reden, wie der Staat zum Beispiel durch eine Vermögensteuer mehr Steuern einnahmen kann. Das würden wir viel lieber machen, ist aber eine bundespolitische Frage und unter den aktuellen politischen Bedingungen schwierig.

Auch der kostenlose, ticketfreie ÖPNV muss ja finanziert werden.

Dazu gibt es schon einige vielversprechende Ansätze. Unsere Fraktion hat beispielsweise vorgeschlagen, das über die Grundsteuer sozial gestaffelt zu finanzieren. Wir werden daran weiter arbeiten. Jedenfalls gilt es jetzt, den ÖPNV so attraktiv zu gestalten, dass die Menschen vom Auto auf Bus und Bahn umsteigen. Selbst wenn der Trend zur Elektro-Mobilität gehen wird, löst es das Problem nicht, dass ein Auto in der Stadt viel Platz wegnimmt zulasten von Menschen, die zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs sind.

Wie kommt denn die Partei mit ihren beiden Senatorinnen klar: mit Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard und mit Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt?

Es gibt in der Partei sehr viel Respekt für die Arbeit der Senatorinnen. Kritik und Auseinandersetzung bleiben selbstverständlich nicht aus wie in jeder Partei. Wir führen, wie ich finde, aber sehr konstruktive Debatten miteinander.

Bei der Bundestagswahl ist die Linke in Bremen auf 7,7 Prozent gesackt. Wie wollen Sie den Verlust bis zur Bürgerschaftswahl im nächsten Frühjahr aufholen?

Das sind zwei unterschiedliche Wahlen. Die Situation der Bundespartei ist eine andere als die des Landesverbandes Bremen. In Bremen glänzen wir nicht durch Konflikte, sondern durch konstruktive Arbeit. Damit sind wir erfolgreich. Im vergangenen Jahr haben wir in Bremen über 100 neue Mitglieder gewonnen.

Welche Rolle spielt der Bremer Landesverband in der Bundespartei?

Wir haben zwei Bremerinnen im Bundesvorstand. Allerdings sind wir ein kleiner Landesverband. Aber in Bezug auf Corona ist unsere Expertise sehr gefragt.

Sind Sie für eine allgemeine Impfpflicht gegen das Corona-Virus?

Ich halte sie für sehr schwierig umsetzbar. Es ist aber auch nach wie vor ein Problem, dass bundesweit noch so viele Menschen ungeimpft sind.

Ist das nun ein Plädoyer für eine oder gegen eine Impfpflicht?

Ich spreche mich nicht für eine allgemeine Impfpflicht aus. Dafür bräuchte es eine zentrales Impfregister, und das wäre aus meiner Sicht datenschutzrechtlich sehr problematisch.

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