Das Max-Planck-Gymnasium in Delmenhorst ist den meisten anderen Schulen in Niedersachsen ein Jahr voraus. Wenn im Schuljahr ’23/’24 Informatik an allen Schulen im Land in der 10. Klasse Pflichtfach wird, haben die Zehntklässler am Maxe schon ein Jahr Informatik hinter sich. Dort ist das Fach seit Schuljahresbeginn bereits in der 9. Klasse fester Bestandteil des Stundenplans.
Das Maxe zählt zu den Schulen, die vom Land für die Pilotierungsphase ausgewählt wurden. Auf den Erfahrungen, die dort gesammelt werden, sollen andere Einrichtungen aufbauen. Die Schule erhielt dafür eine zusätzliche Lehrerstunde pro Klasse.
Mit fünf Informatiklehrern gut aufgestellt
Fünf Informatiklehrer unterrichten am Maxe, alle sind mit der Befähigung ausgestattet, Abiturprüfungen in diesem Fach abzunehmen. „Es gibt nur wenige Schulen, die so gut aufgestellt sind“, sagt Holger Vogts, Koordinator der MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) in der Schulleitung und selber Informatiklehrer. Bundesweit gibt es gerade einmal 10.000 Kollegen. Um Informatik überall als Pflichtfach einzuführen, fehlen laut einer Studie des Stifterverbandes weitere 17.000 dafür ausgebildete Pädagogen.
Schulleiterin Katrin Wutschke begrüßt die Heraufstufung von Informatik zum Pflichtfach und sieht darin auch ein Stück Bildungsgerechtigkeit und Mädchenförderung. „Bei uns gibt es das schon lange als Wahlfach“, erklärt sie. Tatsächlich gewählt hätten Informatik in der Sekundarstufe I jedoch hauptsächlich Jungen, die schon vorher ein Interesse dafür entwickelt oder von zu Hause mitgebracht hätten. Dabei seien die Lerninhalte wichtig für den Alltag. „Man versteht zum Beispiel soziale Medien besser, wenn man selber mal programmiert hat“, meint Vogts.
Schwerpunkt auf Programmierung
Programmierung ist ein wichtiger Bestandteil des Lehrplans, das Verstehen von Netzwerken und Datenschutz (auch im Sinne des Schutzes der eigenen Daten) sind weitere Schwerpunkte. Der Umgang etwa mit Textverarbeitungsprogrammen spielt im Schulfach Informatik keine Rolle mehr.
Blick in den Klassenraum: Die Schülerinnen und Schüler von Thilo Scholz haben die Aufgabe, Calliope mini zu programmieren. Das sind Sternförmige Mikrocontroller mit Fähigkeiten und Bauteilen, wie sie in jedem Smartphone verbaut sind. Programmiert werden sie über eine Browser-Oberfläche und eine spezielle Block-Programmierung, bei der die Befehle wie Puzzleteile oder Legosteine zusammengesetzt werden. Der Erfolg stellt sich schnell ein. Die Aufgabe, den Lagesensor des Controllers zum Ein- und Ausschalten des Lichts zu nutzen, war nach zehn Minuten abgearbeitet. Später standen noch sein Einsatz als Schrittzähler und Zufallsgenerator auf der Agenda.
Hoher Praxisanteil erhöht die Lernfreude
„Wenn man es endlich hinbekommen hat, ist es ein Glücksgefühl“, sagt Moritz (14). „Es macht Spaß. Man kann viel selber herausfinden“, erklärt er. Das unterscheide Informatik von anderen Fächern. „Ich hätte gedacht, es wäre mehr Theorie“, sagt er.
Auch wenn das Experimentieren und die praktische Anwendung im Vordergrund stehen, werden Moritz und seine Mitschüler nicht ohne Theorie auskommen. „Die kommt hinterher“, erklärt Scholz. „Wir experimentieren etwa fünf Stunden und fassen das dann in einer Stunde Theorie zusammen.“ Was man schon praktisch erlebt habe sei dann viel leichter zu verstehen. Schließlich stehen ja auch in Informatik irgendwann Klassenarbeiten an. Und die werden dann ganz klassisch geschrieben mit Stift auf Papier – ohne Mikrocontroller, Tastatur und Bildschirm.