In der Kulturkneipe Gastfeld wird es vorerst keine Konzerte mehr geben. Betreiber Thorben Köhn will das finanzielle Risiko nicht mehr tragen. Foto: Schlie In der Kulturkneipe Gastfeld wird es vorerst keine Konzerte mehr geben. Betreiber Thorben Köhn will das finanzielle Risiko nicht mehr tragen. Foto: Schlie
Konzerte

„Es ist ein Teufelskreis“

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Warum ein erster Veranstalter in Bremen keine Konzerte mehr anbietet

„Das hat nicht nur etwas mit Corona oder dem Sicherheitsempfinden der Leute zu tun“, sagt Filip Wätjen aus der Geschäftsstelle der Interessenvertretung Clubverstärker.

Er und seine Kollegen sowie die meisten der über 40 Mitglieder sind ratlos: Ticketverkäufe für Konzerte und Künstler laufen schleppend, viele Veranstaltungen müssen sogar abgesagt werden.

„Die Verkäufe passen nicht zu dem, was wirtschaftlich für die Gruppen, Veranstalter und Locations tragbar wäre“, sagt Wätjen.

Marvin Marckwardt und Thorben Köhn vom Gastfeld haben aus diesem Grund die Reißleine gezogen. „Wir können das finanzielle Risiko nicht länger tragen“, sagt Inhaber Marckwardt, der mit seiner Non-Profit-Musik­agentur latest pop auch seit vielen Jahren das Programm der Breminale bereichert.

Gemeinsam mit Köhn, Geschäftsführer der Kulturkneipe, hat Marckwardt seit 2011 etwa 200 Konzerte im Gastfeld organisiert. Dort treten ausschließlich Bands auf, die erstmals in Bremen spielen und eigene Stücke schreiben, darunter viele internationale Gruppen. „Wir waren immer extrem erfolgreich.

Nach dem Ende der strengen Corona-Maßnahmen haben wir seit Juni aber lediglich ein Konzert anbieten können“, sagt Marckwardt. Mehr als 20 musste er canceln.
„Wir machen frühzeitig Werbung für die Konzerte.

Die ganze Organisation der Veranstaltungen macht viel Arbeit, Techniker und Hotels müssen gebucht werden“, erklärt Marckwardt.

Eine ganz neue Situation

Auch Malte Prieser, Geschäftsführer des Kulturbüros in Bremen-Nord und damit Betreiber mehrerer Spielstätten, bestätigt: „Entweder es kracht richtig und ist sofort ausverkauft, oder es geht überhaupt nichts. Dazwischen haben wir im Moment nichts. Es ist verrückt und es ist ein Teufelskreis“, sagt Prieser, der seit 1995 im Booking-Geschäft ist und eine solche Situation noch nie erlebte.

In Bremen-Nord beobachtet man allerdings auch, dass insbesondere die Gruppe der über 25-Jährigen und der unter 65-Jährigen den Veranstaltungen fernbleibt.

Prieser hat eine Theorie für das Ausbleiben der Ticketkäufer im Vorverkauf: „Zum einen sind es sicher die gestiegenen Kosten in vielen Bereichen. Die Leute wollen ihr Geld zusammenhalten.“

Wegbleiben der Ticketkäufer

Zum anderen vermutet er eine große Unsicherheit. Finden die Veranstaltungen überhaupt statt oder entfallen sie wegen Corona? Außerdem mutmaßt er, dass sich die Interessen der Konzertbesucher inzwischen verändert haben.

Ähnlich beschreibt es Wätjen. Bei Clubvestärker bespreche man mit den Mitgliedern die möglichen Gründe für das Wegbleiben der Ticketkäufer. „Der Hunger nach Konzerten ist bei denen, die kommen wirklich sichtbar“, sagt er. Möglicherweise hätten sich die Prioritäten bei der Altersgruppe der über 30-Jährigen in den vergangenen Corona-J verändert.

Wätjen appelliert an potenzielle Besucher, Karten wieder im Vorverkauf zu erwerben und nicht erst abzuwarten, ob eine Veranstaltung überhaupt stattfindet – das werde sie dann nämlich nicht.

Sollte ein Konzert aber tatsächlich wegen Corona ausfallen müssen, gibt es das Geld zurück oder der Termin wird verschoben, wie auch Marckwardt erklärt.
Er und Köhn wollen zumindest vorerst keine Energie, Geld und Zeit mehr in die Planung von Konzerten stecken. „Wenn die Pandemie irgendwann vielleicht für beendet erklärt wird, denke ich wieder darüber nach“, sagt Marckwardt.

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