Dieter Bischop von der Landesarchäologie Bremen zeigte auf einer Karte, wo bisher Kalfaterklammern aus der zeit der Bremer Kogge gefunden wurden. Fotos: Füller Dieter Bischop von der Landesarchäologie Bremen zeigte auf einer Karte, wo bisher Kalfaterklammern aus der zeit der Bremer Kogge gefunden wurden. Fotos: Füller
Ausgrabung

Möglichen Bauplatz der Bremer Kogge entdeckt

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Genau 60 Jahre nach dem Fund der Bremer Kogge entdeckten Archäologen nun möglicherweise den Entstehungsort.

„Wir bringen die letzte Quelle des Teerhofs zum Sprechen“, sagt Ausgrabungsleiter Dieter Bischop von der Landesarchäologie Bremen. Neben dem Beluga-Gebäude, eingezwängt zwischen Tiefgarageneinfahrt und dem Gebäude der Universität, klafft eine Baugrube – drin ein tiefes Loch.

Gut zu erkennen sind unterschiedliche Schichten von Sedimenten. „Es gab viele Überschwemmungen auf dem Teerhof, die auch historisch überliefert sind“, erklärt Bischop.

Die Ausgrabung findet parallel zu den Bauarbeiten statt.

Die Ausgrabung findet parallel zu den Bauarbeiten statt.

Diese spülten immer wieder Sedimente auf die Insel, Ablagerungen blieben zurück. Die schmale Grube birgt aber noch viel mehr: „Wir haben immer vermutet, dass die Bremer Kogge auf dem Teerhof gebaut wurde“, sagt Bischop.

Eisenklammern aus der Zeit der Kogge

Mögliche Beweise dafür haben Bischop und das Team der beauftragten Grabungsfirma ArchaeoFirm nun in Form von mehr als hundert so genannten Kalfaterklammern gefunden.

Die Eisenklammern wurden beim Bau von Schiffen genutzt, um das Dichtungsmaterial zwischen den Planken an seinem Platz zu halten. Ihrer charakteristischen Form wegen können sie zeitlich eng eingeordnet werden. Laut Bischof wurde diese Art von Kalfaterklammern nur für etwa hundert Jahre zwischen 1300 und 1400 benutzt, vorher kamen eher krampenartige Nägel, später gar keine mehr zum Einsatz.

„Das passt genau zu dem Jahrhundert, in dem die Bremer Kogge gebaut wurde“, sagt Bischop. Diese ist auf das Jahr 1380 datiert.

Die Eisenklammern stammen aus der Zeit zwischen 1300 und 1400.

Die Eisenklammern stammen aus der Zeit zwischen 1300 und 1400.

Zwischen 8.000 und 14.000 dieser Klammern sollen beim Bau der Bremer Kogge benutzt worden sein, erklärt der Archäologe. Bisher konnten an anderen Grabungsstätten entlang der Weser im Bereich der Innenstadt nie mehr als zwei solcher Klammern gefunden werden.

Schiffe wurden erst in der Böttcherstraße gebaut

„Der Teerhof war der perfekte Ort für den Schiffsbau“, sagt Bischop.

Zunächst hatten sich die mittelalterlichen Werftanlagen der Stadt in der Böttcherstraße an der Balge befunden. Wegen der großen Brandgefahr und weil der kleine Fluss immer schmaler wurde, entschied der Rat der Stadt allerdings, die Werften auf den Teerhof zu verlegen.

Neben den Klammerfunden haben die Mitarbeiter aber auch Überreste von so genannten Helgen gefunden. Dabei handelt es sich um Holzpfosten, welche die Schiffe während des Baus aufrecht hielten.

In fünf Metern Tiefe lassen sich die Formen der Pfosten noch gut erkennen. Einzelne Teile habe man nun ins Archäologische Institut nach Berlin geschickt, um sie dort untersuchen zu lassen, sagt Bischop.

Die Unterschiedlichen Schichten sind gut zu erkennen, darin immer wieder Mulden. Dort waren die Helgen in den Boden getrieben.

Die Unterschiedlichen Schichten sind gut zu erkennen, darin immer wieder Mulden. Dort waren die Helgen in den Boden getrieben.

Zwischen den älteren Pfostenresten finden die Mitarbeiter aber auch immer wieder neuere, was ebenfalls zu den zahlreichen Überschwemmungen passt, die den Teerhof trafen.

Ungünstige Bedingungen

„Wir wussten bisher nicht, wo sich was auf dem Teerhof befunden hat“, sagt der Archäologe. Schon beim Bau des Beluga-Gebäudes hatte man einen Schiffsrest aus dem Jahr 1430 entdeckt, bisher aber keine älteren Artefakte zu Tage fördern können.

Für das letzte noch unbebaute Grundstück, welches seit der Insolvenz der Reederei mehrmals den Eigentümer wechselte, hatte die Landesarchäologie schon vor vielen Jahren darauf bestanden, Grabungen durchführen zu können.

Und diese finden nun unter sehr ungünstigen Bedingungen statt: Das Grabungsfeld ist sehr schmal und grenzt auf einer Seite an eine bereits gebaute zweigeschossige Tiefgarage. „Die Ausgrabungen müssen jetzt stattfinden und noch in diesem Monat abgeschlossen werden“, erklärt Bischop.

Wohnungen entstehen dort wo gegraben wird

Noch am selben Tag wird das Grabungsfeld wieder geschlossen werden und einige Meter weiter ziehen. Aber: „Das sind einmalige Funde, da kommt man sonst nie wieder dran“, sagt er.

Die Kalfaterklammern hielten das Dichtmaterial zwischen den Planken an ihrem Platz.

Die Kalfaterklammern hielten das Dichtmaterial zwischen den Planken an ihrem Platz.

Ausgrabung und Tiefbau laufen seit einigen Wochen parallel. Auf dem Grundstück entsteht nach Ende der Arbeiten der Landesarchäologie ein Mehrfamilienhaus mit rund 20 Wohneinheiten des Investors Jens Breuer JB Immobilien aus Verden.

Warum die Archäologen nicht bereits früher mit ihren Grabungen beginnen konnten, erklärt der technische Projektsteuerer für JB Immobilien, Thorsten A. Stein: „Bevor angefangen werden konnte, kam die Insolvenz der Beluga-Reederei dazwischen und die Grundstücke wurden getrennt von einander verkauft.“ Danach wechselten dann die Investoren mehrere Male.

Auch eine Kanone gefunden

Neben den Kalfaterklammern haben die Ausgarbungen noch weitere Dinge zu Tage gefördert. Darunter Keramikscherben, Werkzeugteile, die laut Bischof noch nicht vollständig identifiziert und zugeordnet werden konnten, viele hundert Nägel, gotische Backsteinziegel, Mauerreste eines Packhauses aus dem 18. Jahrhundert und: eine Kanone. Oder zumindest ein großes Stück eines Kanonenrohrs.

Das Kanonenrohr wurde möglicherweise bei der Explosion des Brautturms weggeschleudert.

Das Kanonenrohr wurde möglicherweise bei der Explosion des Brautturms weggeschleudert.

Das Rohr stammt laut Bischop aus dem 16. bis 19. Jahrhundert. Der Experte liefert sogar eine Theorie, woher die Kanone genau stammt: „Sie wurde vermutlich bei der Explosion der Braut hierher geschleudert“, sagt Bischop. Die Trümmer des 1739 explodierten Pulverturms flogen bis in den Dom, der Teerhof brannte vollkommen nieder.

Den Fund der Klammern bezeichnet Bischop als Glückfall – auch weil vor genau 60 Jahren das Wrack der Bremer Kogge im Schlick der Weser in Woltmershausen gefunden wurde.

Schiffswrack und Eisenklammern sollen künftig in einem Kooperationsprojekt verglichen werden.

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