Apotheker Joachim Polls (v. l.) und seine Kolleginnen Franziska Luley und Gertrud Nussbaum kümmern sich derzeit um das Ausräumen der Huckelriede-Apotheke. Foto: Füller Apotheker Joachim Polls (v. l.) und seine Kolleginnen Franziska Luley und Gertrud Nussbaum kümmern sich derzeit um das Ausräumen der Huckelriede-Apotheke.Foto: Füller
Huckelriede

Huckelriede-Apotheke: Schluss nach fast 100 Jahren

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Warum Apotheker Joachim Polls seine Huckelriede-Apotheke geschlossen hat

„Ich habe nie woanders gearbeitet und hätte hier gerne noch bis zur Rente weiter gemacht. Aber die Umstände geben das einfach nicht her“, sagt Joachim Polls, Inhaber der Nettelbeck- und der Huckelriede-Apotheke.

Erstere hat er vor einer Woche geschlossen, kümmert sich im Moment um den Auszug und die Zusammenführung der beiden Standorte.

Kein Angebot mehr im Ortsteil

Mit der Huckelriede-Apotheke schloss auch die einzige Apotheke im gleichnamigen Neustädter Ortsteil. In ganz Bremen stellten im Jahr 2022 vier Apotheken ihren Betrieb ein.

Polls fing in Huckelriede direkt nach seinem Studium an zu arbeiten, übernahm 2007 die beiden Apotheken von seinem Vorgänger. Die Entscheidung, die Apotheke zu schließen, fiel dem Apotheker nicht leicht – gleich mehrere Gründe führten aber dazu.

Mehre Gründe für Schließung

Im direkten Umfeld der Apotheke wird das Trogbauwerk der Autobahn 281 entstehen. Entlang der Neuenlander Straße laufen die Bauarbeiten bereits seit 2020, in Kürze soll auch das Schlussstück Neuenlander Ring/Kattenturmer Heerstraße entstehen.

Im Vorfeld waren bereits der Kirchweg und die Habenhauser Brückenstraße ertüchtigt worden, um die Umgehungsverkehre aufnehmen zu können. Die Bauzeit ist mit fünf Jahren prognostiziert.

„Der gesamte Verkehr wird dann durch Huckelriede und den Kirchweg führen. Wir werden hier fünf Jahre lang die Staus vor der Tür haben“, prophezeit Polls.

Dann werden die Kunden den Weg zu ihm scheuen, denn eine alternative Route gibt es nicht.

Hinzu kam das Ende des Mietvertrages, Polls hätte ihn verlängern können. „Es gibt auch in unserer Branche kaum Personal und Zwölf-Stunden-Tage sind inzwischen für mich normal geworden“, sagt Polls.

Fachkräfte- und Medikamentenmangel

Und selbst wenn er genügend Personal für beide Standorte fände, so könne er wegen der Baustelle und fehlender Medikamente kaum noch Geld verdienen.

„Wir haben hier im Gegensatz zur Nettelbeck-Apotheke kaum Laufkundschaft. Die Gegend hat sich sehr verändert. Es gibt nur noch Imbisse und Kioske, keine anderen Geschäfte. Der Mix stimmt nicht mehr im Ortskern“, sagt Apotheker Polls.

Auch hätten die Arztpraxen in der Umgebung geschlossen. Allein an seinen Umsätzen und Zahlen kann Polls große Unterschiede zwischen beiden Standorten ausmachen.

„Was am Ende dabei herauskommt, reicht einfach nicht mehr, und die Mehrarbeit lässt sich so nicht rechtfertigen“, zieht der Apotheker Bilanz.

Apotheke seit fast 100 Jahren

Die Huckelriede Apotheke gibt es seit den 1930er Jahren. Damals erteilte die Stadt Konzessionen für Apotheken und legte fest, wie viele Apotheken jeweils in den Stadtteilen öffnen durften.

Aus dieser Zeit stammt auch noch die Apothekeneinrichtung. „Das kann ich leider nicht mitnehmen, es gehört zum Gebäude“, sagt Polls.

Die Heim- und Praxenversorgung sowie die Botenfahrten bleiben auch künftig erhalten. Aus Platzgründen hat Polls für die Heimabteilung extra Büroplätze angemietet, denn die Nettelbeck-Apotheke bietet dafür keinen Platz.

Mit der Zusammenführung beider Apotheken an einem Standort passt nun auch sein Personalschlüssel. Polls kommt auf 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, rechnet er die Schülerboten und Reinigungskräfte hinzu, sind es sogar 30.

Und auch wenn nun vieles besser passt: „Es tut mir trotzdem in der Seele weh“, sagt Polls.

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