Seinen Eltern kann Andrey Castillo Pizarro am Weihnachtsabend nur per Videoanruf „Feliz Navidad“ wünschen. „Frohe Weihnachten.“ Sie leben in Costa Rica, er derzeit in Bremen. Cristian Moreno kann Weihnachten schon seit drei Jahren nicht mehr mit seiner Familie feiern. Sie leben in Guatemala, er in Bremen.
Viele Studierende, die aus dem Ausland kommen und jetzt in Bremen studieren, können mangels Geld nicht nach Hause reisen und verbringen die Feiertage in der Hansestadt – aber nicht unbedingt alleine und mitunter auf ungewöhnliche Weise.
Heiligabend mit Freunden
„Ich hatte erst etwas Angst, weil ich nicht wusste, was ich an Weihnachten machen soll“, verrät Andrey Castillo Pizarro. Der 19-jährige Costa Ricaner absolviert seit Oktober ein Auslandssemester an der Hochschule Bremen, wo er International Business studiert.
„Ich lebe hier in einer Wohngemeinschaft mit einem Mitbewohner“, erzählt Pizarro. Für Weihnachten hat er gleich zwei Einladungen erhalten.
„Über das Friendship Programm der Hochschule habe ich eine Patin. Sie stammt selbst aus Peru und lebt schon seit 30 Jahren in Bremen. Sie und ihr Sohn haben mich Heiligabend zu sich eingeladen“, sagt Pizarro.
Paten kümmern sich um junge Leute
Die Paten des Friendship Programms nehmen jeweils einen Studierenden unter ihre Fittiche, so lange er in Bremen studiert. Sie helfen bei organisatorischen Dingen und sind für die jungen Menschen da, die ohne Familie mehrere Monate hier verbringen.
Beide Seiten profitieren davon und lernen die jeweils andere Kultur kennen – bei selbst gewähltem zeitlichen Aufwand.
Pizarro und seine Gastgeber werden aber an Heiligabend nicht zu Dritt bleiben, denn Pizarros Patin hat noch Freunde aus Mexico eingeladen. „Wir kommen alle aus Mittel- und Südamerika, das wird eine gute Feier“, freut sich Pizarro.
Für den Abend hat er außerdem eine Einladung zum Dinner mit Freunden aus den USA. Auch sie verbringen die Feiertage fernab der eigenen Familie.
Kulinarisches aus der Heimat
Pizarro möchte auch ein typisches Getränk aus Costa Rica zur Feier beisteuern: Rompope, eine Art Eierlikör oder Egg Nogg. „Mein bester Freund ist Koch zu Hause, und ich habe ihn nach dem Rezept gefragt. Das werde ich versuchen“, sagt Pizarro.
Denn: „Es wäre schön, auch etwas aus meiner Heimat an Weihnachten zu haben“, sagt er.
So ergeht es auch Cristian Moreno aus Guatemala, der an der Hochschule Bremen Aerospace Technologies studiert. Zuvor war er an einer Hochschule in Chile eingeschrieben.
„Ich vermisse am meisten die besonderen Weihnachts-Tamales in rot und schwarz – salzig und süß“, sagt der 22-Jährige.
Schon die Zutaten hier zu bekommen sei schwierig, deshalb kann er die Tamales nicht selbst zubereiten.
Feier mit Familienanschluss
Anders als Pizarro lebt Moreno hier in einer Familie. Er hat ein Zimmer und ein eigenes Bad im Hause einer vierköpfigen Gastfamilie, die den Wohnraum über das Intorooms-Programm der Hochschule zur Verfügung stellt.
„Wir werden an Heiligabend Lasagne essen und später in die Kirche gehen. Ich bin schon sehr gespannt“, erzählt Moreno. Zur Einstimmung hat er bereits Weihnachtsmärkte in ganz Norddeutschland besucht. „Der Glühwein schmeckt sehr gut“, sagt er schmunzelnd.
Mit seinen Eltern und seiner Großmutter wird er ebenfalls per Video sprechen, mit sieben Stunden Zeitunterschied. Für das Weihnachtsessen steuert auch er ein traditionelles Gericht aus seiner Heimat bei: einen Salat aus Apfel, Karotte, Kartoffeln, Weintrauben und Sahne.
Für den Jahreswechsel planen beide Studenten – allerdings unabhängig voneinander – Europa zu bereisen. Pizarro besucht Kommilitonen in Lissabon und Granada, die ihn eingeladen haben. Moreno reist mit sechs Freunden nach Prag, Wien, Budapest, Venedig und Mailand per Bus, Zug und Flug.
Beide sind zum ersten Mal in Europa und wollen noch möglichst viel sehen, bevor es im Frühjahr zurück in ihre Heimatländer geht.
Lesen Sie auch: