Mehr als 30 Bewohner des Haus Weserhof bangen um ihre medizinische Betreuung. Ihr Hausarzt geht Ende März in den Ruhestand. Andere Praxen nehmen sie nicht auf. Foto: Schlie Mehr als 30 Bewohner des Haus Weserhof bangen um ihre medizinische Betreuung. Ihr Hausarzt geht Ende März in den Ruhestand. Andere Praxen nehmen sie nicht auf.Foto: Schlie
Ärztemangel

Versorgung in Heimen: Arzt verzweifelt gesucht

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Wie Pflegeheime in Bremen vergeblich Praxis um Praxis anschreiben, um einen Arzt zu finden

Verzweifelt versucht Sven Krol einen Arzt zu bekommen – nicht für sich, sondern für die 33 Bewohner des Seniorenheims Haus Weserhof, wo er den Plfegedienst leitet.

Noch kümmert sich ein Arzt in Woltmershausen um diese Menschen. Doch Ende März schließt er seine Praxis. Einen Nachfolger gibt es nicht. „Wir haben nun ein riesengroßes Problem, denn rund ein Viertel unserer Bewohner wird von diesem Arzt behandelt“, sagt Krol.

Seit Wochen bemüht er sich, einen anderen Arzt zu finden – bisher erfolglos.

Fast 70 Pflegeheimbewohner in Pusdorf betroffen

„Die anderen Praxen im Stadtteil nehmen niemanden mehr auf. Wir haben Briefe an 20 Praxen in Bremen geschickt und um die Aufnahme von Patienten gebeten und wir haben vorgeschlagen, einen Raum für einen wöchentlichen Hausarztbesuch zur Verfügung zu stellen“, berichtet Krol.

Auch für 34 Bewohner des Stiftungsdorfs Rablinghausen der Bremer Heimstiftung fehlt mit der Praxisschließung die hausärztliche Betreuung. „Es ist eine Katastrophe“, sagt Leiterin Doris Paul.

Auch sie habe schon versucht, Bewohner in anderen Praxen unterzubringen, ebenfalls ohne Erfolg.

An zuständige Stellen gewandt

Viele Patienten in Pflegeeinrichtungen sind nicht mehr mobil und so auf einen Hausbesuch des Arztes angewiesen. Im Haus Weserhof reichten Besuche alle zwei Wochen sowie nach Bedarf und auf Abruf aus, meint Krol.

Im Stiftungsdorf wäre man schon froh über einen monatlichen Besuch.

Auch die Heimaufsicht, die Bremer Ärztekammer sowie die Kassenärztliche Vereinigung (KV) wurden schon um Hilfe gebeten.

Laut Bundesgesundheitsministerium müssen die Kassenärtzlichen Vereinigungen die medizinische Versorgung in Pflegeheimen sicherstellen. Diese wiederum sind gehalten, Kooperationsverträge mit Ärzten abzuschließen und könnten sogar selber Ärzte anstellen.

Medizinischer Nachwuchs fehlt

„Die Besetzung von Praxen ist Sache der Selbstverwaltung“, erklärt Lukas Fuhrmann, der Sprecher des Gesundheitsressorts. „Das grundsätzliche Problem kennen wir. Ein Eingriff der öffentlichen Hand in den kurativen Bereich geht aber nur in absoluten Ausnahmefällen mit zeitlich begrenzter Sondergenehmigung, wie bei der neuen Kinderambulanz“, erklärt er.

Die KV verweist darauf, dass zu wenig junge Mediziner nachkommen. „Heute gibt es zu wenig Ärzte, die eine Praxis übernehmen“, sagt Christoph Fox, der Sprecher der KV in Bremen. Sie ließen sich lieber anstellen. „Niemand möchte mehr 60 Stunden pro Woche arbeiten.“

Das sei aber ein bundesweites Problem. „Punktuell nehmen wir aber Anzeichen für eine problematische Situation in einzelnen Stadtteilen wahr“, sagt Fox. 17 Hausarztsitze in Bremen seien unbesetzt, so der Sprecher.

Einziges Bundesland ohne medizinische Fakultät

Auch die KV habe keine Lösung, wenn der Nachwuchs fehle. „Bremen hat keine medizinische Fakultät. Das macht es noch schwieriger“, sagt Fox.

Dem pflichtet auch Bettina Cibulski bei, Sprecherin der Ärztekammer Bremen: „Bremen ist das einzige Bundesland ohne eigene Fakultät. Die jungen Leute gehen zum Studieren weg und kommen nicht wieder.“

Das Problem der Heimversorgung könnten auch Kassenärztliche Vereinigung und Ärztekammer nicht lösen, es sei eine andere Versorgungsform der immobilen Patienten notwendig, meint Cibulski. Damit sei es auch ein politisches Problem.

Vorschläge nicht praktikabel

Die Pflegeeinrichtungen sollten wenn nötig die Terminvergabenummer 116117 anrufen, so der Vorschlag der Kassenärztlichen Vereinigung laut Krol. „Das ist nicht praktikabel. Der jeweilige Arzt kennt die Krankengeschichte nicht und müsste trotzdem hierher kommen“, sagt der Pflegedienstleiter.

„Der ärztliche Notdienst“, meint auch Paul, „kann ja nicht die Lösung sein.“

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