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Nachbarschaft

Was ist erlaubt und was nicht?

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Auch in den eigenen vier Wänden ist längst nicht alles erlaubt. Woran müssen sich Nachbarn halten?

Die eigene Wohnung oder das liebevoll eingerichtete Haus ist für die meisten Menschen der zentrale Rückzugsort – nach einem langen Tag, am Wochenende und in Zeiten des Home Office vielleicht sogar während des Arbeitstages. Doch es kann noch so schön sein, wenn es Ärger in der Nachbarschaft gibt, dann trübt das die Stimmung massiv. Schließlich wollen sich alle in ihrem Zuhause entspannen können und sicher fühlen. Kommt es zu Streitigkeiten unter den Nachbarn, bleibt dieses Gefühl nur mehr Wunschtraum.

Dabei ist es eigentlich gar nicht so schwer, sich als Nachbarn zu vertragen und Rücksicht aufeinander zu nehmen – könnte man denken. Weil das harmonische Miteinander leider nicht immer gegeben ist, gibt es mal mehr mal weniger klare Gesetze, die regeln, was in einer Nachbarschaft erlaubt ist und was nicht.

Das Nachbarschaftsgesetz

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Das Nachbarschaftsgesetz wird auf Länderebene geregelt und kann deshalb in der genauen Auslegung von Region zu Region variieren. Es beschäftigt sich vor allem mit baulichen Fragen und klärt, welche Abstände und Auflagen bei Bauvorhaben einzuhalten sind.

In Bremen selbst gibt es ein solch explizites Nachbarschaftsrecht allerdings nicht. Im Zweifel wird hier meist ein Blick in das Niedersächsische Nachbarschaftsgesetz geworfen. Für bauliche Fragen wird zudem der Bebauungsplan oder die Landesbauordnung genutzt. Eine weitere gesetzliche Grundlage stellt das Bürgerliche Gesetzbuch dar, in dem an verschiedenen Stellen auf Fälle nachbarschaftlichen Zusammenlebens eingegangen wird.

Über allem steht so oder so das Prinzip der Rücksichtnahme. Dieses grundlegende Prinzip hält alle Bürger dazu an, in das eigene Handel die Interessen des Nachbarn zu berücksichtigen. Darauf wird sich juristisch vor allem bezogen, wenn konkrete Regelungen in den ländereigenen Gesetzen fehlen.

Solche Fälle gibt es immer wieder, da die Menschen gerade in den Städten immer enger zusammenrücken. Doch auch auf dem Land ist man sich nicht immer grün. Ob Lärm, Bauvorhaben oder die Haltung von Haustieren. Regelmäßig kommt es in deutschen Nachbarschaften zu Streitigkeiten.

Die altbekannte Ruhestörung

Der häufigste Grund für nachbarschaftliche Auseinandersetzungen ist sicherlich die so empfundene Ruhestörung. Sind die Nachbarn zu laut und dringt der Lärm bis in die eigene Wohnung, so kann das durchaus stören. Allerdings ist nicht alles, was jemanden individuell als zu laut empfindet, gleich ein Fehlverhalten, das rechtlich geahndet werden kann.

Grölende Menschen, spielende Kinder, der Lärm des Handwerkers, die Party in der WG nebenan oder der bellende Hund: Wo Menschen zusammenkommen, bleibt es meist nicht lange still. Vieles davon müssen Nachbarn in einem gewissen Maße aber hinnehmen. Regeln gibt es dennoch, die eingehalten werden müssen und im Zweifel auch eingefordert werden können.

Meist gilt in Wohngebieten:

In diesen Zeiträumen sollte auf allzu laute Arbeiten, das Spielen von Instrumenten und ähnliche Aktivitäten verzichtet werden.

Noch einmal anders verhält es sich mit dem Sonntag, der durchgehend als Ruhetag gilt und keine Lärmbelästigung erlaubt. Dabei ist es ganz egal, ob es sich um die rücksichtslose Party oder den netten Handwerker von nebenan handelt.

Gerade für die Heimwerker in Deutschland kann das eine echte Einschränkung sein. Schließlich bleibt oft nur das Wochenende, um den Rasen zu mähen oder die nächsten DIY-Projekte am eigenen Haus umzusetzen.

Wer dennoch nicht tatenlos herumsitzen möchte, der kann den gemütlichen Sonntag ja für die Planung dieser Projekte nutzen. Selbst der Einkauf von Gerätschaften und Materialien lässt sich heute vom Sofa aus erledigen.

Auch wenn bei einer Ruhestörung die Polizei oder das Ordnungsamt hinzugezogen werden kann, sollte der persönliche Austausch doch immer die erste Option sein. Der freundliche Hinweis auf das Fehlverhalten reicht oft schon aus, um die Wogen zu glätten und für Verständnis beim Gegenüber zu sorgen. Fruchten diese Maßnahmen nicht und muss letztlich doch die Polizei hinzugezogen werden, ist das nachbarschaftliche Verhältnisse meist langfristig vorbelastet.

Gerade beim Lärm liegt ein schmaler Grad vor, wenn es um die Frage geht, was hingenommen werden sollte und was zu viel ist. Wer selbst weiß, dass es heute mal lauter wird, sollte seine Nachbarn rechtzeitig warnen. Das macht zwar rechtlich keinen Unterschied, darf aber als gute Nachbarschaftsetiquette gelten.

Ärger auf dem Grundstück

Der Außenbereich bietet ausreichend Gelegenheiten für hitzigere Debatten. Vieles davon spielt sich entlang der Grundstücksgrenze ab, also entlang des Gartenzauns, der wie nichts anderes für das Konfliktpotential unter Nachbarn steht.

Ein Zaun zwischen zwei Grundstücken ist nicht vorgeschrieben, wird von den meisten Menschen als erkennbare Grenze und als Sichtschutz aber dennoch bevorzugt. Wer kümmert sich aber um den Zaun, der ja nun genau zwischen den zwei Grundstücken liegt? Hier handeln die Bundesländer sehr unterschiedlich. Abseits von offiziellen Gesetzen sollten sich Nachbarn hier einfach freundlich absprechen.

Pflanzen und Bäume in Grenznähe stellen ebenfalls ein heikles Thema dar. Denn es besteht eine sogenannte Verschattungsgefahr. Das bedeutet, dass die Sonneneinstrahlung in den Nachbargarten von zu hohen Hecken oder Bäumen blockiert werden könnte. Trends wie das Urban Gardening werden solche Streitfälle zukünftig auch in der Stadt verstärkt auftreten lassen.

Bäume, die zu nahe an der Grundstücksgrenze platziert sind, können zusätzlich durch überhängende Äste oder Obst, das in den Nachbargrundstück fällt, für Ärger sorgen. Die überhängenden Äste müssen vom Nachbarn, der den Baum besitzt, gekürzt werden.

Fällt ihr Obst in den Nachbargarten, darf dieser das zwar gerne behalten, da das auf dem Boden liegende Obst aber vielleicht gar nicht erwünscht ist, sollte auch hier schnell eine Lösung gefunden werden. Gleiches gilt für fallendes Laub. Dass der Nachbar dies akzeptieren muss, heißt nicht, dass es keinen besseren Kompromiss geben kann.

Bei den Gartenarbeiten gilt allerdings dasselbe wie bei jeder anderen Nutzung von Gerätschaften: Die Ruhezeiten – vor allem sonntags – sind einzuhalten.

Haustiere, Grillabende und sonstige Reibungspunkte

Ein weiteres Streitthema stellen Haustiere dar. In vielen Mietwohnungen in der Stadt ist die Haltung per Mietvertrag verboten. Befinden sich allerdings Haustiere in der Nachbarschaft, so können diese vor allem durch den Lärm negativ auffallen. Offiziell dürfen von Haus- und Nutztieren keine Geruchs- oder andere Belästigungen ausgehen. Meist muss hier allerdings von Fall zu Fall entschieden werden, was zumutbar ist und was nicht.

Wenn die Temperaturen wieder in den zweistelligen Bereich klettern, können es viele schon gar nicht mehr erwarten, den Grill auszupacken und die Wochenenden mit Holzkohle und Grillzange zu verbringen. Ob das in der Wohnanlage überhaupt erlaubt ist, regelt die Hausordnung.

Darüber hinaus sollte wieder eine grundsätzliche Rücksichtnahme stattfinden. Rauch und Geruch sind im eigenen Garten vermutlich weniger störend für die Nachbarschaft als auf dem Balkon im Mietshaus.

Ein besonderes Recht stellt das Hammerschlag- und Leiterrecht dar. Wenn Arbeiten am eigenen Haus nachvollziehbarerweise leichter vom Nachbargrundstück durchgeführt werden können (durch eine Leiter oder ein Gerüst), dann darf das Grundstück des Nachbarn für diese Zwecke genutzt werden. Möglicherweise entstehende Schäden müssen natürlich ersetzt werden.

Vertragen ist besser als verklagen

Das Nachbarschaftsrecht hat schon so manchen Streitfall geklärt. Letztlich wird das nachbarschaftliche Verhältnis mit dem Hinzuziehen des Ordnungsamtes, der Polizei oder gerichtlicher Instanzen aber sicher nicht besser – und meist muss man mit den Nachbarn ja noch eine ganze Weile auskommen.

Die eigenen Rechte und Pflichten zu kennen ist daher zwar durchaus wichtig, die einfachste Lösung bleibt aber das persönliche Gespräch. Oft wissen Nachbarn gar nicht, welche Regeln gelten oder wie störend ihr Verhalten gerade ist. Manches muss auch einfach hingenommen werden, solange ein bestimmtes Maß an Störung nicht überschritten wird. Trotz aller Gesetze führt nur Rücksichtnahme auf beiden Seiten zu einer guten Nachbarschaft.

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