Marianne Mangels' Werk „Der Reigen“, auch als „Erlkönigs Töchter“ tituliert, steht im Wintergarten Foto: Konczak Marianne Mangels' Werk „Der Reigen“, auch als „Erlkönigs Töchter“ tituliert, steht im Wintergarten Foto: Konczak
Haus Coburg

Abstrakt und doch figürlich

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Bildhauerei im Haus Coburg: Marianne Mangels im Dialog mit Louise Stomps

Unter dem Titel „Die Abstraktion der Dinge. Marianne Mangels im Dialog mit Louise Stomps“ widmet Dr. Matilda Felix, Galerieleiterin der Städtischen Galerie Delmenhorst, Bildhauerinnen eine Ausstellung. Im Mittelpunkt stehen die im Ausstellungstitel genannten Frauen – aber nicht ausschließlich.

Über deren gemeinsame Ausbilderin, Milly Steger, die an der Unterrichtsanstalt des Vereins der Künstlerinnen zu Berlin Bildhauerei und Aktzeichnen lehrte, erfahren die Besucherinnen und Besucher im Haus Coburg ebenfalls viel. Es wurde sogar eine kleine Bibliothek mit Lektüre über die Bildhauerei allgemein sowie Frauen in der Kunst eingerichtet. Dort liegt Lektüre aus und es werden Filmausschnitte gezeigt.

Die Filme erklären anschaulich die Bildhauerei. Foto: Konczak

Die Filme erklären anschaulich die Bildhauerei. Foto: Konczak

Zustande gekommen ist die jetzige Ausstellung auch durch eine Publikation des Mediziners und Kunstsammlers Arnd Siegel über Marianne und Johannes Mangels. Für seine Recherchen besuchte Siegel das Haus Coburg, um sich vor Ort mehrere Werke des Künstlerpaares anzugucken. Bei seinem Besuch kritisierte er den Zustand der Skulpturen der Bildhauerin und bot an, einen Teil der Reinigungskosten zu übernehmen.

Mindestens genauso wichtig für das Zustandekommen der Ausstellung war ein Dachbodenschatz bei Friedrich Cordes. Der Privatsammler, im vergangenen Jahr verstorben, stellte dem Delmenhorster Kunstmuseum über eine Stiftung seine Werke von Marianne Mangels als Dauerleihgabe zur Verfügung. „Ohne diesen Schatz hätten wir kaum Werke von ihr zeigen können“, sagt Felix. Erst kürzlich trennte sich noch eine weitere Privatperson für die Zeit der Ausstellung von einer Skulptur der Bildhauerin. Felix: „Wir würden uns freuen, wenn uns noch weitere Personen Werke als Leihgabe zur Verfügung stellen.“

Viele der Plastiken werden im Haus Coburg in Regalen präsentiert. Dadurch sollen sich die Betrachter wie in einem Depot fühlen, da viele der Werke selten oder noch nie öffentlichen zu sehen waren. Foto: Konczak

Viele der Plastiken werden im Haus Coburg in Regalen präsentiert. Dadurch sollen sich die Betrachter wie in einem Depot fühlen, da viele der Werke selten oder noch nie öffentlichen zu sehen waren. Foto: Konczak

Marianne Mangels, 1908 in Augustenburg geboren, lebte ab 1955 in Delmenhorst. Sie besuchte in Bunzlau die Fachschule für Keramik und studierte anschließend – als eine der ersten Frauen überhaupt – in Berlin Bildhauerei. Erst seit 1919 waren Frauen an den staatlichen Kunstakademien zugelassen. Noch lange danach galt die Bildhauerei als reine Männerdomäne.

Der Zweite Weltkrieg stoppte ihre künstlerische Laufbahn. Bis zu ihrem Tod im Jahr 1990 arbeitete sie bildhauerisch. Ihr Mann, Johannes Mangels, war Kunsterzieher am Gymnasium an der Max-Planck-Straße und Maler. Beide stellten zu ihren Lebzeiten im Haus Coburg aus – wobei dabei vor allem der Maler im Mittelpunkt stand.

Marianne Mangels und Louise Stomps arbeiteten vor allem mit Zement und Gips sowie – wenn es der Geldbeutel zuließ – mit Bronze. Foto: Konczak

Marianne Mangels und Louise Stomps arbeiteten vor allem mit Zement und Gips sowie – wenn es der Geldbeutel zuließ – mit Bronze. Foto: Konczak

Bereits 1961 lud Hermann Coburg ihn in seine „galerie pro arte“ ein. 1983 und 1985 – mittlerweile war Hans Stephan Leiter der Städtischen Galerie Delmenhorst – präsentierte das Künstlerehepaar ebenfalls Werke im Haus Coburg. In der städtischen Kunstsammlung befinden sich Bilder von Johannes Mangels sowie Plastiken von Marianne Mangels. Die Skulptur „Sitzende Frau mit zwei Kindern“ auf der Rasenfläche vor dem Kunstmuseum stammt ebenfalls aus den Händen der Bildhauerin.

Im Haus Coburg treffen ihre Skulpturen auf die Kunstwerke einer Zeitgenossin: Louise Stomps. Beide Künstlerinnen verbindet, dass sie bei Milly Steger studierten und ihre Atelierräume und Werke im Zweiten Weltkrieg zerstört wurden. Und es gibt noch eine weitere Gemeinsamkeit: Während viele Bildhauer figurativ arbeiteten, ging es Mangels und Stomps bei ihren Werken um die abstrakte Form. Trotzdem gaben sie nie den Bezug zum menschlichen Körper auf. Beide arbeiteten vor allem mit Zement und Gips sowie – wenn es der Geldbeutel zuließ – mit Bronze.

Eine kleine Bibliothek bietet Lektüre über die Bildhauerei allgemein sowie über Frauen in der Kunst. Foto: Konczak

Eine kleine Bibliothek bietet Lektüre über die Bildhauerei allgemein sowie über Frauen in der Kunst. Foto: Konczak

Louise Stomps (geboren 1900 in Berlin) entdeckte die Liebe zur Kunst bereits als Jugendliche. Trotzdem folgte sie den gesellschaftlichen Erwartungen: Sie besuchte ein Mädchenpensionat, heiratete und bekam zwei Töchter. Erst nach der Scheidung begann sie – im Alter von 27 Jahren – ihr Leben der Bildhauerei zu widmen, Kunst zu studieren und ihre Werke auszustellen.

1960 zog sie von Berlin nach Oberbayern. Dort lebte und arbeitete sie bis zu ihrem Tod im Jahr 1988 in einer Wassermühle bei Wasserburg am Inn. In Oberbayern entdeckte Louise Stomps vor allem den Werkstoff Holz für sich. In der Delmenhorster Ausstellung ist auch ihr letztes, unvollendetes Werk zu sehen.

Berthold Kogut und Peter Schrader verwalten gemeinsam den Nachlass ihrer Großmutter Louise Stomps. Sie trennten sich für die Dauer der Schau von zahlreichen Exponaten.

Morgen Kindereröffnung

Das Vernissage-Wochenende hat einen Höhepunkte zu bieten: Ab sofort möchte die Städtische Galerie Delmenhorst jede neue Ausstellung auch dem jüngeren Publikum im Detail vorstellen. Die Kinder-Eröffnungen sind für sonntags um 11 Uhr geplant. Am 19. März gehen die kleinen Kunstfans gemeinsam mit Katrin Seithel folgenden Fragen nach: Was ist eigentlich eine Skulptur? Und was bedeutet Bildhauerei?Die Teilnahme für Kinder ab vier Jahren ist kostenlos, Erwachsene zahlen den normalen Eintrittspreis.

Zusätzlich werden für Kinder Workshops angeboten. Am 15. April und am 13. Mai geht es zuerst in die Ausstellung. Im Anschluss bringen die Teilnehmer ihre Eindrücke beispielsweise mit Fingerfarbe, Bleistift, Tusche oder per Druck aufs Papier. Die Kurse dauern jeweils von 11 bis 14 Uhr, geleitet werden sie von Katrin Seithel und Jasmin Richter.

Stippvisite:

Die Autorin Silke Kettelhake stellt am Donnerstag, 23. März, um 18 Uhr im Haus Coburg ihre neue Biographie über Renée Sintenis vor. Das Buch  „Ringel und Renée“ und erscheint am 20. März 2023 – dem 135. Geburtstag der Künstlerin.
Renée Sintenis feierte ihre größten Erfolge als Berlin zwischen 1919 und 1932 zur Weltstadt wurde. Die 1,80 große Bildhauerin trug maßgeschneiderte Herrenanzüge, posierte im Studebaker, lebte rastlos rasant. Asta Nielsen, Rainer Maria Rilke und Joachim Ringelnatz gehörten zu ihrem Freundeskreis. Mit dem Machtantritt der Nazis vollzog sich ein Bruch in ihrem Leben, denn Renée Sintenis hatte ein jüdische Großmutter und musste 1972 nach dem Tod ihres Mannes mit der Deportation rechnen.

                             Foto: Konczak

Im vergangenen Jahr wurde die Skulptur „Sitzende Frau mit zwei Kindern“ restauriert.

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