Die plötzliche Schließung des Netto-Marktes an der Gottfried-Menken-Straße (WESER REPORT berichtete) hatte vor vier Wochen für viel Ärger in der Nachbarschaft gesorgt. Vor allem ältere und immobile Menschen sowie diejenigen, die sich den Einkauf im nahe gelegenen Biosupermarkt nicht leisten können, fordern eine schnelle Lösung.
Die wird es wohl nicht geben, wie sich nun auf einer Sondersitzung des Neustädter Beirats zum Thema zeigte. Geladen waren sowohl Vertreter der Senatsressorts Wirtschaft und Bau als auch Vertreter der Gewoba und von Netto. Das Ziel: Eine Zwischenlösung, bis in einigen Jahren ein dauerhafter Betrieb – in neuem Gebäude – starten kann.
Zwei, die sich schon etwas überlegt haben und aktiv geworden sind, sind Paul und Karl Eggert. Die Brüder wohnen ebenfalls in der Gartenstadt Süd, gemeinsam mit ihrem Vater. „Wir sind beim Gassigehen von einer älteren Dame auf das Problem aufmerksam gemacht worden und dachten uns, dass man doch schnell etwas auf die Beine stellen muss“, sagt Paul Eggert.
Kurzerhand entschieden die Brüder, für die älteren Menschen zum nächsten Discounter zu fahren und ihnen den Einkauf zu bringen. „Für viele ist das Einkaufen aber auch ein Grund, aus dem Haus zu gehen und für soziale Kontakte. Das ist ihnen wichtig“, sagt der 21-jährige Paul. Also entschieden er und sein 17-jähriger Bruder, der eigentlich gerade sein Abitur macht, die Senioren zu fahren.
Reine Nachbarschaftshilfe
Dafür gestalteten sie einen Flyer, versuchten über das Rosencafé ihr Angebot zu bewerben. „Bisher fahren wir nur eine Dame“, sagt Paul und befürchtet, dass die älteren Nachbarn das Angebot als unseriös betrachten. Die Brüder verlangen kein Geld für ihre Touren, sehen es als reine Nachbarschaftshilfe.
Im Rahmen der Sondersitzung suchten sie Unterstützung für ihr Angebot. Die Gewoba bot den beiden inzwischen die Bereitstellung eines Lastenrads an. „Wir brauchen aber eine andere Lösung, weil die Leute ja mitfahren sollen“, erklärt Paul.
Für kommende Woche ist nun noch ein Treffen mit der Gewoba geplant, die auf jeden Fall helfen will. Im Gespräch sind – nach der Klärung rechtlicher Fragen – auch größere Mietwagen, wie Unternehmenssprecherin Christine Dose bestätigt.
Weitere Fahrer gesucht
Für den Fall, dass mehr Nachbarn die Hilfe der Brüder in Anspruch nehmen, habe er bereits Kontakt mit Autovermietungen aufgenommen, sagt Paul.
Weitere Fahrer würden sich auch in der Nachbarschaft finden, ist der Selbstständige sich sicher. Kontakt zu den Brüdern vermittelt das Rosencafé, Thedinghauser Straße 115A.
Und während Paul und Karl völlig unentgeltlich und pragmatisch eine Lösung gesucht und gefunden haben, versuchen alle anderen Beteiligten noch, möglichst bis Herbst eine Zwischenlösung zu organisieren und zu finanzieren. Das Problem: Die Stadt baut und betreibt keine Supermärkte, die Gewoba wiederum plant, das marode Gebäude abzureißen und an gleicher Stelle einen Einkaufsmarkt samt Ärztehaus zu errichten – wenn denn ein Betreiber gefunden werden kann. Und den gibt es laut Stefan Stahl, Geschäftsbereichsleiter bei der Gewoba, bisher nicht.
Eine Zwischenlösung während der Abriss- und Bauphase – möglicherweise als Zelt – lohne sich aber nicht für einen so kurzen Zeitraum, wie Lorenz Rogatty, Gebietsleiter Expansion bei Netto, erklärte.
Auch er wolle an dem Standort etwas Neues realisieren, allerdings gegenüber des Gewobagebäudes, im Bereich des ebenfalls leer stehenden Pennymarktes. Am Ende dürfen sich die Anwohner also vielleicht sogar über zwei Supermärkte an der Gottfried-Menken-Straße freuen.
Der Beirat fordert nun, schnellstmöglich einen Runden Tisch einzurichten und zu prüfen, ob etwa ein Bürgerbus eingesetzt werden kann oder ob mobile Supermärkte beauftragt werden können. Außerdem soll mithilfe von Globalmitteln unterstützt werden.