Mittwochs kann man der Restauratorin Jasmin Wollenhaupt in der Artothek bei der Arbeit zugucken. Foto: Konczak
Kultur

„Fliegendreck ist gefährlich“

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Die Restauratorin Jasmin Wollenhaupt arbeitet alle 14 Tage in der Artothek

Vorsichtig trägt Jasmin Wollenhaupt mit einem feinen Pinsel ein transparentes Festigungsmittel auf das Gemälde von Willi Oltmanns auf. Im Anschluss legt sie hauchdünne, spezielle Folien über die behandelten Stellen und beschwert sie mit kleinen Säckchen. „Dadurch ist das 46 Jahre alte Gemälde besser geschützt, bevor es in den Verleih geht“, erklärt die selbstständige Restauratorin. Zusätzlich bessert sie vorsichtig eine Stelle aus, bei der die vom Künstler teilweise sehr dick aufgetragene Farbe abgeplatzt ist.

Wollenhaupt arbeitet für Museen, Galerien und Privatpersonen. Auch für die Städtische Galerie Delmenhorst war sie schon mehrfach tätig. Für die aktuelle Ausstellung „Die Abstraktion der Dinge – Marianne Mangels im Dialog mit Louise Stomps“ hat sie einige der Werke vorab gereinigt. Nun ist die Restauratorin, deren Fachgebiet Gemälde, Skulpturen und moderne Objekte sind, bis auf weiteres alle 14 Tage mittwochs von 9 bis 12 Uhr zu Gast in der Artothek, Lange Straße 47. Besucher sind willkommen. Die können ihr bei der Arbeit zugucken und Fragen stellen.

Vielfältige Aufgabenbereiche

Ihre Aufgaben in der Artothek sind so unterschiedlich wie die Werke aus der städtischen Sammlung, die nun ausgeliehen werden können. Einzige Voraussetzung ist eine Mitgliedschaft. Für einen Beitrag von 20 Euro (ermäßigt zwölf Euro) können im Jahr bis zu vier Werke ausgeliehen und für jeweils zwei Monate mit nach Hause genommen werden. „Einige der Kunstwerke waren viele Jahre im Depot. Das sieht man ihnen teilweise an. Fliegendeck ist zum Beispiel sehr gefährlich. Er kann auf der Oberfläche viel Schaden anrichten“, sagt Wollenhaupt und zeigt auf ein Gemälde von Josef Pollak. „Andere Exponate habe ich gereinigt, bei einigen habe ich die Rückwand oder den Rahmen repariert, teilweise musste die Leinwand neu gespant werden“, berichtet die 35-Jährige.

Sie schätzt an ihrer Arbeit die Vielseitigkeit: „Bereits in der Schule habe ich mich für Kunst und Chemie interessiert Als Restauratorin kommt beides zusammen.“ Zudem müsse sie nicht selber kreativ werden, sondern sich daran halten, was der Künstler oder die Künstlerin vorgibt. Besonders beglückend seien Wiederaufbauten. „Es ist großartig wenn man bei stark beschädigten Arbeiten vorher und nachher vergleicht“, sagt Wollenhaupt.

Der Werdegang bis zum Restauratoren

Um 1900 begann sich für die Restauratoren in Deutschland die Aufgabenstellung zu verändern. Bis dahin waren sie vor allem künstlerisch ausgebildete Fachleute, die eine Wiederherstellung des vermuteten ursprünglichen Zustandes eines Kunstwerkes anstrebten. Heute bestimmt eine immer stärker werdende Einbeziehung der Naturwissenschaften und die Entwicklung von neuen Methoden und Materialien die Arbeit der Restauratoren. Aus dem handwerklich-künstlerisch orientierten Berufsstand ist eine wissenschaftliche Disziplin geworden. Es gibt eine Hochschulausbildung mit dem Abschluss als „Diplom-Restaurator“. Seinen Bachelor im Fach „Restaurierung/Konservierung“ kann man in Stuttgart an der dortigen Staatlichen Akademie der Bildenden Künste machen. „Es handelt sich um ein sehr praktisch ausgelegtes Studium. Um zugelassen zu werden, muss man Praxiserfahrung mitbringen“, erinnert sich Wollenhaupt an ihre fünfjährige Studienzeit. Sie absolvierte vorab ein zweijähriges Praktikum in einem Museum und arbeitete ein Jahr als Praktikantin bei einem Restaurator mit.

Weitere Infos zur Artothek und über die Möglichkeit zum Kunstverleih erhält man unter hauscoburg.de/artothek.

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