„Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“ – mit diesen Worten wird in der Niedersächsischen Verfassung der Wesenskern der Demokratie formuliert. Alle fünf Jahre können die Bürgerinnen und Bürger, die volljährig sind, die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen und seit drei Monaten in Niedersachsen wohnen, an der Wahlurne über die Zusammensetzung des Parlaments entscheiden.
Ein Blick hinter die Kulisse
Interessierte Bürger, die den Landtag in Hannover besuchen möchten und einen unmittelbaren Eindruck davon gewinnen wollen, was während einer Plenarsitzung passiert, wie die Volksvertreterinnen und -vertreter arbeiten und einen Blick hinter die Kulissen werfen möchten, können das auf unterschiedliche Art und Weise tun: „Schulklassen besuchen den Landtag außerhalb des Plenums. sie organisieren die Anfahrt dann in Eigenregie, meist mit der Bahn im Rahmen des Niedersachsentickets. Diese Kosten werden vom Land in voller Höhe erstattet“, berichtet Britta Trülzsch. Sie gehört dem Wahlkreisbüro des hiesigen SPD-Landtagsabgeordneten Deniz Kurku in Delmenhorst an. Darüber hinaus können Schüler auch bei Abgeordneten hospitieren. So wie aktuell ein Schüler der Integrierten Gesamtschule (IGS) aus Delmenhorst, der Kurku mehrere Tage begleitet. Des Weiteren gibt es beispielsweise offene Besucherabende sowie Gruppenführungen und Plenarbesuche. Für Kinder werden spezielle Führungen angeboten.
Zwei- bis dreimal im Jahr organisiert Kurkus Büroteam Tagesfahrten per Reisebus für interessierte Bürgerinnen und Bürger zum Landtag. Die Gruppe am 23. März habe ich begleitet. „Die Termine erfolgen in Absprache mit dem Besuchsdienst des Landtages, da auch die anderen Landtagsabgeordneten solche Fahrten anbieten“, erzählt mir Trülzsch.
Landtag besteht aus 146 Mitgliedern
Die Delmenhorster Gruppe wird vom Besuchsdienst in Empfang genommen und bekommt im Anschluss eine kurze Einführung. Zurzeit besteht der Landtag aufgrund von Überhang- und Ausgleichsmandaten aus 146 Mitgliedern. Vertreten sind die SPD mit 57 und die CDU mit 47 Personen. Bündnis 90/Die Grünen haben 24 und die AfD 18 Sitze. „Bei einer Fraktion handelt es sich im gewissen Sinne um eine Gruppe von Arbeitskollegen. Es gibt zwar keinen Fraktionszwang, aber es ist im eigenen Interesse, sich mit seinen Fraktionskollegen gut zu stellen. Immerhin arbeitet man fünf Jahre oder auch länger zusammen“, berichtet Leo Renken vom Besuchsdienst. Einer Fraktion steht im Landtag unter anderem ein Rederecht zu und sie hat Anspruch auf einen Saal, um sich dort auszutauschen.
Eine Plenarwoche in Hannover besteht aus drei bis vier Tagen. „Die Plenarsitzung beginnt um 9 Uhr und endet zu unterschiedlichen Uhrzeiten. Gestern war um kurz vor 20 Uhr Schluss“, erzählt Renken. Darüber hinaus sind die Abgeordneten in ihrem jeweiligen Wahlkreis unterwegs. „Das ist wichtig, um im Gespräch miteinander zu bleiben. So häufig es zeitlich klappt, nehme ich auch an den Sitzungen des Rates der Stadt Delmenhorst teil“, betont Kurku.
Im Anschluss an die Einführung geht es für die Gästegruppe auf die Besuchertribüne im Plenarsaal. Maximal 260 Personen finden dort Platz. Man erhält einen guten Eindruck vom Geschehen. Sogar fotografieren – ohne Blitz – ist erlaubt. Zusätzlich gibt es eine Pressetribüne, auf der bis zu 30 Journalisten gleichzeitig sitzen und arbeiten können.
Politiker haben einen festen Sitzplatz
Im vorderen Bereich des rund 690 Quadratmeter großen Plenarsaales sitzt das Präsidium, sozusagen die Verwaltung. Daneben sind die Bereiche der Ministerinnen und Minister sowie die Staatssekretäre untergebracht. Werden in einer Plenarsitzung von einem oder mehreren Abgeordneten Fragen an einen Minister gestellt, muss dieser für jede Antwort erneut ans Rednerpult treten und danach zu seinem Platz zurückkehren. So bekommen einige Minister in einer Sitzung ganz schön viel Bewegung. Die Politiker haben im Saal alle ihren festen Platz, können sich aber frei bewegen. „Es geht relativ locker zu“, sagt Kurku. Das Präsidium wacht darüber, dass die Regeln der parlamentarischen Debatte eingehalten werden, wird jemand zu persönlich greift es ein. Genauso, falls jemand die Redezeit überschreitet.
Des Weiteren gibt es einen stenografischen Dienst, der alles dokumentiert, was im Plenum passiert. Das umfasst nicht nur die Reden sondern auch Zwischenrufe und Beifall. Bereits wenige Tage nach einer Plenarsitzung kann die gesamte Debatte Wort für Wort nachgelesen werden. Die Dokumente zu den öffentlichen Sitzungen findet man auf der Webseite des Landtags unter landtag-niedersachsen.de.
Dem Besuch der Plenarsitzung schließt sich der persönliche Austausch mit Deniz Kurku an. Er ist Mitglied im Ausschuss für Inneres und Sport sowie stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Verfassungsschutz und zusätzlich stellvertretendes Mitglied im Ausschuss zur Kontrolle besonderer polizeilicher Datenerhebung. „Seit vergangenem November bin ich zudem der Niedersächsische Landesbeauftragte für Migration und Teilhabe. Dazu hat mich die Landesregierung berufen. Hierbei handelt es sich um ein Ehrenamt“, sagt Kurku.
Weiterführende Informationen
Über den Besuchsdienst des Landtages kann man telefonisch unter 0511 / 3 03 00 20 46 oder per E-Mail: oeffentlichkeitsarbeit@lt.niedersachsen.de einen Besuchstermin vereinbaren. Falls man sich für eine Gruppenreise interessiert, wendet man sich an die hiesigen Wahlkreisbüros der im Landtag vertretenen Parteien.