Schon im Kindesalter erkranken durch Übergewicht immer mehr Menschen an Diabetes Typ 2. Symbolfoto: Pixabay
Gesundheit

Angebote fehlen noch

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Es gibt einen Mangel an Hilfs- und Sportangeboten speziell für übergewichtige Kinder und Jugendliche.

Jedes siebte Kind, das in Bremen an der Schuleingangsuntersuchung 2022/23 teilnahm, war übergewichtig oder adipös (fettleibig). Das geht aus einem Datenblatt des Gesundheitsamtes Bremen hervor.

Inzwischen sinken die Zahlen zwar wieder, Kinderärzte warnen aber dennoch vor den Auswirkungen dieser Entwicklung. „Fettleibigkeit führt zu Herz-Kreislaufproblemen und anderen Folgeerkrankungen“, weiß der Kinderarzt Marcus Heuerding. Schon im Kindesalter erkranken durch Übergewicht immer mehr Menschen an Diabetes Typ 2.

Psychische Folgen

Hinzu kommen die sozialen und psychischen Folgen durch Ausgrenzung und Mobbing. Einmal übergewichtig, ist es zudem sehr schwer, den Kreislauf zu durchbrechen. „Es braucht Zeit und ist langer Weg“, weiß Antje Büssenschütt vom Zentrum für Adipositasschulung Bremen (ZABS).

„Adipositas ist gerade bei Kindern mit niedrigem sozioökonomischen Hintergrund und bei Kindern mit Migrationshintergrund ein zunehmendes Problem“, sagt Heuerding, der auch Sprecher des Landesverbands des Berufsverbandes der Kinder-und Jugendärzte (BVKJ) ist.

Mehr Angebote

Umso wichtiger sei es, insbesondere in Stadtteilen mit niedrigem Sozialindex mehr Angebote und Beratungen zu schaffen, die früh greifen und auch Sprachbarrieren überwinden. Die Gesundheitsfachkräfte an Schulen etwa seien bereits sehr hilfreich, betont Büssenschütt. Bremen sei auf einem guten Weg und könne eine Vorreiterrolle einnehmen. Woran es aber noch fehle, seien mehr Bewegungsangebote für übergewichtige Kinder und Jugendliche.

Ein solches bietet der Verein Reha- und Gesundheitssport Bremen. Dessen Vorsitzende Gaby Wolff berichtet, dass ausgerechnet in Gröpelingen schon zwei der angebotenen Rehagruppen für übergewichtige Kinder wieder schließen mussten. Zu gering war die Nachfrage – aus Unwissenheit, wie Wolff meint.

Auf Ärzte angewiesen

Auch sie sieht, dass entsprechende Angebote in Sportvereinen fehlen – oft aus Personalnot. „Wir sind auch auf die Ärzte angewiesen. Sie müssen die Angebote an die Familien kommunizieren“, sagt Wolff. Stellen die Ärzte eine Bescheinigung für Reha­sport aus, kann der Kurs kostenlos besucht werden, die Krankenkassen übernehmen den Beitrag. Aber auch ohne Bescheinigung ist es möglich, als Selbstzahler teilzunehmen.

Der Verein startet speziell für Jugendliche ab November eine Sportgruppe an der Contrescarpe. „Übergewichtige Jugendliche passen weder in Rehagruppen für Kinder, noch für Erwachsene. Sie gehen nicht in Sportvereine. Da werden sie gehänselt und fühlen sich nicht wohl. Bei uns sind alle Teilnehmer in der gleichen Situation, niemand muss sich schämen“, sagt Wolff.

Bewegung im Vordergrund

Angesprochen sind Kinder bis zum 14. Geburtstag und Jugendliche von 15 bis 17 Jahren. Im Vordergrund steht die Bewegung, auch die Ernährung und Psychosoziales wird thematisiert. „Die Jugendlichen sollen lernen, sich wieder wohl zu fühlen und Freude an Bewegung haben“, erklärt Wolff den Ansatz.

Frühe Prävention sei wichtig und dafür brauche es mehr Angebote, sagt Heuerding: „Inzwischen müssen zehn bis 15 Prozent der gesamten Gesundheitsausgaben für Folgen von Übergewicht und Adipositas ausgegeben werden“, rechnet er vor.
Infos: reha-gesundheit-bremen.de und zabs-bremen.org

Fakten:

An der Schuleingangsuntersuchung 2022/2023 nahmen 5.704 Kinder im Alter zwischen fünf und sieben Jahren teil. Bis 2019/20 lag der Wert der übergewichtigen und adipösen Kinder relativ konstant bei 11 bis 12 Prozent; im Folgejahr stieg er auf über 12 Prozent. 2021/22 lag er bei 16 Prozent; 2022/23 bei 13,9 Prozent.

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